Der repressive "Corona-Staat": Wie wir uns aus der Wirtschaftskrise herausimpfen wollen

Kanzler Scholz geriet seine erste Regierungserklärung zu einer Kampfansage an kritisches Denken. Er befürwortet den repressiven Staat, der sich einem tatsächlichen Dialog verweigert. Der Grund dafür ist vermutlich kein medizinischer, sondern ein wirtschaftspolitischer.

von Gert-Ewen Ungar

Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine erste Regierungserklärung gehalten. Sie hat erschreckt, denn in den Punkten, die sich um unser Zusammenleben und den gesellschaftlichen Zusammenhalt drehten, klang sie mehr wie die eines Autokraten, der sich durch sein Volk bedroht sieht denn wie die eines Demokraten, der sich dem Ausgleich der Interessen verpflichtet fühlt.

Die ersten zehn Minuten seiner anderthalbstündigen Rede widmet er Corona, der Impfkampagne und denjenigen, die sich ihr verweigern. Ihnen droht Scholz. Später droht er noch jenen, die in den sozialen Netzwerken Hassrede verbreiten – was immer auch das genau sein soll. Die Verwendung des Begriffes Hassrede stellt eine bewusste Aufweichung dar, denn Straftatbestände wie Beleidigung und Volksverhetzung sind gesetzlich klar geregelt. Hassrede ist kein juristischer, sondern ein populistischer Kampfbegriff, der benutzt wird, um Zensur und Grundrechtseinschränkungen zu begründen und zu verharmlosen, um zu diskriminieren und auszugrenzen.

Scholz beteuert, es gebe keine Spaltung der Gesellschaft und treibt im gleichen Atemzug diese Spaltung voran, er vertieft sie noch. Was soll das für ein "Dialog" sein, den er da gleich zu Beginn seiner Regierungserklärung den Gegnern der Maßnahmen anbietet? Wer sich nicht den Argumenten der Bundesregierung anschließt, wer sich nicht überzeugen lässt, gilt ihm als Extremist. Das ist kein Dialog, das ist autoritär. Das ist auch nicht vernünftig und rational. Das ist dumm, denn das spaltet die Gesellschaft.

Dialog bedeutet den potentiellen Willen beider Seiten, sich geistig bewegen zu wollen. Wenn ich glaube, über die absolute Wahrheit zu verfügen, brauche ich keinen Dialog, dann brauche ich eine Kanzel. Scholz hat sich jedem Dialog verweigert, denn er weiß es besser und er weiß, wie wir aus der Pandemie herauskommen – mit Impfen nämlich. Zweifel daran sind gar nicht erst zugelassen.

Dabei gibt es absolut rationale und vernünftige Gründe, sich nicht impfen zu lassen. Das Risiko zwischen möglichen Nebenwirkungen und der Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs im Fall einer Infektion kann jeder für sich selbst am besten abschätzen.

Und neben vernünftigen Gründen, sich nicht impfen lassen zu wollen, gibt es noch viel mehr irrationale, unvernünftige Gründe. Und es gibt in einer aufgeklärten Gesellschaft zunächst einmal keinen Zwang dazu, sich vernünftig verhalten zu müssen. Wer das leugnet, hat die Aufklärung nicht verstanden.

Sie dürfen als Bürger eines der Vernunft und Aufklärung verpflichteten Landes erst einmal glauben, was Sie wollen. Sie dürfen sogar den größten Blödsinn glauben. Sie dürfen glauben, dass man ohne Sex zu haben auch vor über zweitausend Jahren schon schwanger werden konnte. Sie dürfen das Ereignis der Jungfrauengeburt auch jedes Jahr erneut feiern, ohne dass Sie sich für Ihren Irrationalismus, Ihre Verweigerung der Kenntnisnahme wissenschaftlicher Erkenntnis und Ihren geistigen Extremismus gegenüber dem Staat oder sonst irgendjemandem rechtfertigen müssten. Sie dürfen glauben, was Sie wollen und genießen dabei die Garantie des Staates, dass dies absolut okay und schützenswert ist. Wenn Sie das, was Sie glauben, äußern, müssen Sie sich im Gegenzug gefallen lassen, dass man Ihnen widerspricht. Das müssen Sie dann aushalten können, ohne zuzuschlagen. Das wäre dann nämlich strafrechtlich relevant.

Scholz hält Widerspruch nicht aus und schlägt zu. Ihm sei gesagt, dass der aufgeklärte Staat als Staat aufgeklärt ist. Nicht jeder einzelne Bürger in ihm muss es sein. Scholz hat sich bereits in den ersten zehn Minuten seiner Regierungserklärung absolut verlaufen und zeichnet den Weg in einen autoritären Corona-Staat vor.

Sein Ziel und das seiner Bundesregierung ist klar: Alle sollen sich impfen und boostern lassen. Eine einrichtungsbezogene Impfpflicht ist schon in ein Gesetz gegossen, eine allgemeine Impfpflicht soll folgen. Dabei ist klar, dass man sich aus der Pandemie nicht wird herausimpfen können. Jüngere Menschen haben kaum Nutzen von einer Impfung. Gegen neue Varianten erweisen sich die aktuellen Impfstoffe als weniger wirksam. Eine relevante Schutzwirkung hat die Impfung vor allem bei Älteren und Vorerkrankten. Medien und Politiker trommeln dennoch für die Impfung, fürs allgemeine Boostern, für die Impfung von Kindern und Jugendlichen, auch für eine allgemeine Impfpflicht. Das aber ist tatsächlich unvernünftig, irrational und von der Wissenschaft abgewandt, die eben nicht nur aus Epidemiologie besteht. Insbesondere die Psychologie und die Sozialwissenschaften können erklären, dass sich – sollte die Bundesregierung die allgemeine Impfpflicht gegen die guten Gründe ihrer Gegner durchdrücken – der Widerstand dagegen erhöhen und auch Einzelne radikalisieren werden, denn die Bundesregierung irrational handelt, unvernünftig. Sie erzeugt damit einen die Gesellschaft spaltenden Druck, ohne mit dem Mittel der Impfpflicht die Pandemie unter Kontrolle bringen zu können. Es gibt für eine allgemeine Impfpflicht keine guten Gründe.

Warum dennoch so vehement für die Impfung getrommelt wird, darauf deutet ein anderer Indikator hin, der mit Medizin und Epidemiologie gar nichts zu tun hat – das BIP. Das Wachstum in Deutschland bleibt weit hinter den ursprünglichen Prognosen zurück. Der durch die Pandemie bedingte Einbruch von 2020 wurde in diesem Jahr nicht wie prognostiziert wieder aufgeholt. Das Vorkrisenniveau ist noch lange nicht wieder erreicht. Das Wachstum in diesem Jahr beträgt absehbar etwas mehr als zwei Prozent – nach einem Einbruch um fünf Prozent im letzten Jahr.

Es gibt aber eine Firma, die unglaublich viel zum diesjährigen Mini-Wachstum beiträgt. Schon im August wurde prognostiziert, dass BioNTech allein zum deutschen Wachstum einen halben Prozentpunkt beisteuert. Da war von Booster und vierter Impfung noch gar nicht die Rede. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass eine einzelne Firma einen deutlich messbaren Einfluss auf das Wachstum der Gesamtwirtschaft hat, zumal noch mit einem einzigen Produkt. 

Mit diesem Hintergrundwissen lässt sich ganz viel erklären. Damit lässt sich erklären, warum andere Anbieter aus dem europäischen Markt herausgehalten und herausgedrängt wurden und werden. Damit lässt sich erklären, warum andere, von der WHO anerkannte Impfstoffe in der EU keine Zulassung bekommen. Damit lässt sich der ganze Irrationalismus der Diskussion um die Impfpflicht erklären und warum man so vehement auf die Impfung setzt, obwohl sie gegen neue Varianten nur noch eingeschränkte Wirkung hat. Und es erklärt, warum inzwischen von einer vierten Impfung gesprochen wird.

Impfen ist der neue Patriotismus, denn Impfen dient dem Vaterland – zumindest seiner Wirtschaft. Ohne die geschätzten 0,5 Prozent Wachstum, mit denen BioNTech die deutsche Wirtschaft bereichert, sähe es nämlich recht düster aus. Und seien wir ehrlich: abgesehen vom Impfstoff, den "wir" teuer in alle Welt exportieren, können wir die Weltwirtschaft gerade nicht mit herausragenden Produktideen von unserer anhaltenden deutschen Qualität und Innovationskraft überzeugen. Wir haben nichts.

Die Frage ist, was wir auf Dauer für das Boostern der deutschen Wirtschaft quer durch alle unsere Oberarme in Kauf zu nehmen bereit sind. Denn natürlich muss man dazu Panik und Angst vor Corona auf möglichst hohem Niveau halten. Dafür sorgen unsere Medien. Aber dabei muss man auch den Diskurs beschränken und zensieren. Während man in Deutschland über die vierte Impfung redet, redet man woanders auf der Welt davon, dass Omikron das Ende der Pandemie bedeuten könnte. Das jedenfalls behauptet Professor Anatolij Altstein vom Gamaleja-Institut, an dem der russische Impfstoff Sputnik V entwickelt wurde. Solche zuversichtlich stimmenden Nachrichten dürfen dann auf gar keinen Fall bei uns verbreitet werden, denn das senkt die Impfbereitschaft – zum Schaden der deutschen Wirtschaft. Aber auch sonst bleiben alle Stimmen, die für eine lockere Gangart und einen weniger einschränkenden Umgang mit der Pandemie plädieren, von jeder Reichweite abgeschnitten. Bitte bleiben Sie panisch, lautet die Devise. Das dient der deutschen Wirtschaft.

Die Forderung nach alternativen Impfstoffen muss ebenfalls abgewehrt und der Markt eng gehalten werden. Faktisch gibt es in Deutschland nur noch zwei Impfstoffe, die angewandt werden – Moderna und BioNTech. Man kann sich zwar noch mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson impfen lassen, wenn man eine entsprechende Arztpraxis findet, sollte sich aber bereits nach vier Wochen mit einem mRNA-Impfstoff boostern lassen, so die offizielle Empfehlung. Man wird sehen, ob sich an der Situation durch die Zulassung von Nuvaxovid grundsätzlich etwas ändern wird. Grund zur Skepsis ist angebracht. Die von der EU georderten 100 Millionen Dosen dieses neuen Novavax-Impfstoffs nehmen sich gegenüber den 1,8 Milliarden in einer dritten Charge nachbestellten Dosen BioNTech jedenfalls recht bescheiden aus.

Festhalten lässt sich: Menschen, die der Impfung skeptisch gegenüberstehen, werden diskriminiert und ausgegrenzt. Jeder Dialog wird verweigert. Sie werden als "unvernünftig" gebrandmarkt, als Feinde der Solidargemeinschaft auch gerade dann, wenn es für diesen Vorwurf aus medizinischer Sicht nicht einen einzigen stichhaltigen Grund gibt. Diesen Job der Diskriminierung hat der mediale Mainstream mit seinen alltäglichen Publikumsbeschimpfungen übernommen. Dabei ist inzwischen eines völlig klar: Mit einer Impfung senkt man das persönliche Risiko für eine Erkrankung und einen schweren Verlauf. Mit dem Begriff Solidarität lässt sich auf der medizinischen und epidemiologischen Ebene rational nicht mehr argumentieren.

Unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten sieht das allerdings anders aus. Wenn BioNTech tatsächlich die einzige Waffe ist, unseren wirtschaftlichen Abstieg ein bisschen abzubremsen, dann braucht es jeden verfügbaren Oberarm – und das mehrfach.

Man muss sich nicht der These anschließen, es gäbe aus rein wirtschaftlichen Gründen eine weitaus größere Notwendigkeit, die Impfkampagne zu forcieren als aus medizinischer Sicht. Aber man sollte diese Vermutung bei dem, was absehbar kommt, nicht völlig aus den Augen verlieren. Deutschland hat auch wirtschaftlich ein Interesse an einer möglichst langen Pandemie. Daher erklärt die These sehr viel von den augenscheinlichen Irrationalismen in der Impfdebatte und dem Amoklauf, zu dem sich maßgebliche Politiker hinreißen lassen. Sie erklärt die Verweigerung eines aufgeklärten Diskurses, die Einschränkungen und Zensurmaßnahmen, denn sie alle dienen der Verschleierung dessen, dass es neben dem Hauptargument der Pandemie-Bekämpfung noch viel stärker um andere Interessen, um die deutsche Wirtschaft und ihren Abstiegskampf gehen könnte. Eine Impfpflicht aus zum großen Teil volkswirtschaftlichen Erwägungen heraus machen aber wohl auch die größten Impfbefürworter nicht mit.

Aber Ihnen als Leser sei gesagt: Lassen Sie sich nichts vormachen! In einem aufgeklärten Staat dürfen sie glauben, was sie wollen – es ist ihr gutes Recht. Sie dürfen glauben, dass Sie bei der Impfung "gechipt" werden. Sie müssen nicht jeder wissenschaftlichen Modewelle hinterherrennen, um an einer Unterhaltung teilnehmen zu dürfen. In einem aufgeklärten Staat dürfen Sie mit Blödsinn das Internet vollschreiben, ohne Repressionen fürchten zu müssen. Es ist absolut okay, nicht immer alles vollständig zu wissen – erwarten Sie das aber auch nicht von Ihrem Gegenüber, reden Sie miteinander. Sie dürfen sogar an die unbefleckte Empfängnis glauben, denn Sie müssen als Person in einem der Vernunft und Aufklärung verpflichteten Staat nicht vernünftig und aufgeklärt sein. Aber Ihr Staat muss es sein. Er darf Sie auch nicht aus gesamtwirtschaftlichen Überlegungen heraus dazu zwingen, sich eine Spritze verabreichen zu lassen. Genau danach sieht es aber derzeit aus. Lassen Sie sich von Ihrem Bundeskanzler nichts einreden, bleiben Sie kritisch. In diesem Sinne einen guten Rutsch ins Neue Jahr.

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