Deutschland

Fünf Prozent schon im November möglich – Erneuter Anstieg der Teuerungsrate

Ein weiterer Preissprung trifft die Verbraucher im Oktober. Im November könnten fünf Prozent erreicht werden. Analysten erwarten ein Ende des enormen Teuerungstrends erst im kommenden Jahr, warnen aber auch vor längerfristigen Inflationsrisiken.
Fünf Prozent schon im November möglich – Erneuter Anstieg der TeuerungsrateQuelle: www.globallookpress.com © imago images/

Ein kräftiger Sprung bei den Energiepreisen hat die Inflation in Deutschland im Oktober weiter angeheizt. Die Verbraucherpreise stiegen um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag anhand vorläufiger Daten mitteilte. Eine Teuerungsrate von 4,5 Prozent hatte die Wiesbadener Behörde zuletzt im Oktober 1993 gemessen. Im September hatte die Inflation mit 4,1 Prozent bereits die Vier-Prozent-Marke überschritten. Gegenüber dem Vormonat September kletterten die Verbraucherpreise im Oktober um 0,5 Prozent.

Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich pro Euro dann weniger leisten können als zuvor. Besonders tief in die Tasche greifen mussten die Menschen in Deutschland im Oktober den vorläufigen Daten zufolge für Energie, die sich innerhalb eines Jahres kräftig um 18,6 Prozent verteuerte. Der Preisauftrieb beschleunigte sich damit. Im September betrug der Anstieg noch 14,3 Prozent und im August 12,6 Prozent.

Steigende Energiepreise heizen die Inflation seit geraumer Zeit an. Zudem schlägt die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung inzwischen voll durch. Seit Januar 2021 gelten wieder die regulären Mehrwertsteuersätze, Waren und Dienstleistungen werden also tendenziell wieder teurer. Hinzu kommen Materialmangel und Lieferengpässe sowie die Einführung der CO₂-Abgabe. Seit Jahresbeginn sind 25 Euro je Tonne Kohlendioxid fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht.

Im Corona-Krisenjahr 2020 waren die Inflationsraten teilweise negativ. Mit der weltweiten Konjunkturerholung ist die Nachfrage nach Rohstoffen und Vorprodukten wie Halbleitern inzwischen deutlich gestiegen.

"Ein maßgeblicher Teil des Anstiegs der letzten Monate ist vor allem durch die wirtschaftlichen Nachwehen der Pandemie bedingt und wird sich kommendes Jahr zurückbilden", argumentierte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.

Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, betont, dass der neuerliche rasante Anstieg von einem ohnehin hohen Niveau ausgegangen sei:

"Die deutsche Inflationsrate kennt derzeit nur eine Richtung: nach oben. Die sprunghaft gestiegenen Energiepreise machen der Teuerung weiter Beine. Auch die Materialengpässe verteuern derzeit viele Güter im beschleunigten Tempo."

Darüber hinaus sind laut Gitzel noch immer Basiseffekte am Werk – einerseits sind im vergangenen Jahr viele Preise regelrecht gepurzelt, andererseits wirke sich der reduzierte deutsche Mehrwertsteuersatz des Vorjahres ebenfalls noch zusätzlich preistreibend aus.Gitzel warnt:

"Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Die Inflationsrate wird in den verbleibenden Monaten dieses Jahres weiter zulegen."

Erst im kommenden Jahr sei dann Schluss: "Die Inflationsraten werden ab Januar 2022 merklich fallen. Die preistreibenden Basiseffekte gehören dann der Vergangenheit an. Es ist also nicht die Frage, ob die Inflationsrate fallen wird, sondern wo sie zum Liegen kommt. Dabei gilt den rasant gestiegenen Gas- und Strompreisen besondere Aufmerksamkeit."

Letztere werden sich laut Gitzel in Anbetracht länger laufender Lieferverträge erst im kommenden Jahr in vollem Ausmaß bemerkbar machen. Die höheren Gaspreise werden die deutsche Inflationsrate im ersten Halbjahr 2022 rund 0,3 Prozentpunkte nach oben hieven. Damit bleibt die Inflationsrate in den ersten sechs Monaten des kommenden Jahres merklich über der Marke von zwei Prozent.

Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer könnte die Inflation bereits im November auf fünf Prozent steigen:

"Nach der Jahreswende wird die Teuerungsrate wieder fallen, weil Sondereffekte wie der Wiederanstieg der Mehrwertsteuer wegfallen. Aber ich warne davor, die längerfristigen Inflationsrisiken kleinzureden."

Krämer geht davon aus, dass die EZB weiter einen großen Teil der Haushaltsdefizite durch den Kauf von Staatsanleihen finanzieren wird, wodurch zu viel Geld in Umlauf gerät. "Auch die Klimapolitik und die in Gang gekommene Deglobalisierung sprechen für steigende Inflationsrisiken. Es wird Zeit, dass die EZB ihre äußerst lockere Geldpolitik beendet."

Dass die Marke von fünf Prozent im November bevorsteht, meint auch Alexander Krüger, Chefökonom beim Bankhaus Lampe:

"Der Anstieg der Inflationsrate ist noch nicht beendet, mindestens fünf Prozent für November sind längst keine Utopie mehr. Das sollte es dann aber gewesen sein und die Inflationsrate wird ab Januar deutlich sinken. Eine Drei vor dem Komma wird aber wohl auch im Frühjahr noch stehen."

Die Inflation ist ein wichtiger Gradmesser für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Notenbank strebt für den Währungsraum der 19 Länder eine jährliche Teuerungsrate von zwei Prozent an und ist zumindest zeitweise bereit, ein moderates Über- oder Unterschreiten dieser Marke zu akzeptieren. Aus Sicht der Notenbank ist der jetzige Anstieg der Inflation vorübergehend.

Europas Währungshüter hielten am Donnerstag daher an ihrem Kurs des billigen Geldes fest. Ein Ende des Zinstiefs im Euroraum ist vorerst nicht in Sicht. Der EZB-Rat beließ den Leitzins für den Währungsraum der 19 Staaten auf dem Rekordtief von null Prozent. Wie es mit den milliardenschweren Anleihenkäufen weitergeht, will der EZB-Rat erst im Dezember entscheiden.

Im gemeinsamen Währungsraum war die Teuerungsrate im September auf 3,4 Prozent geklettert. Das ist der höchste Stand seit 13 Jahren.

(dpa/reuters/rt de)

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