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Krankenhaus-Skandal in Bosnien-Herzegowina: COVID-19-Patienten wurden mit Industriegas beatmet

Eine Affäre um die Behandlung von COVID-19-Patienten erschüttert den bosnischen Teilstaat Republika Srpska: Den Patienten wurde anstelle von medizinischem Sauerstoff technischer Sauerstoff verabreicht, der in der Industrie Verwendung findet. Amtsträger und Machthaber ringen um Antworten.
Krankenhaus-Skandal in Bosnien-Herzegowina: COVID-19-Patienten wurden mit Industriegas beatmetQuelle: www.globallookpress.com © Stefan Sauer/dpa

von Marinko Učur, Banja Luka

Ende letzten Monats erreichten die Öffentlichkeit alarmierende Nachrichten. Der Bürgermeister von Banja Luka, Draško Stanivuković, verkündete, dass Patienten der COVID-19-Station des Universitätsklinikums der Republika Srpska statt mit reinem Sauerstoff mit technischem Sauerstoff behandelt wurden. Dieser stellt aufgrund seines Verunreinigungsgrads eine Gefahr für den Menschen dar. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile in allen Medien. Es wurde nach Antworten auf die Fragen gesucht, wer die Schuld an dem Skandal trägt und welche gesundheitlichen Folgen die COVID-19-Patienten zu fürchten haben.

Stanivuković forderte alle Beteiligten auf, Verantwortung zu übernehmen. So forderte er etwa den Rücktritt des Direktors des Krankenhauses, Vlado Đajić, des Gesundheitsministers der Regierung der Republika Srpska, Alen Šeranić, und des Direktors der Unternehmens TGT, das den umstrittenen Sauerstoff lieferte, Stanislav Čađo. Auch eine strafrechtliche Ermittlung gegen die Beteiligten verlangte Stanivuković. Der Bürgermeister beharrte auf Ermittlungen, die Aufschluss über die Schädlichkeit von industriellem Sauerstoff für die Gesundheit von COVID-19-Patienten geben sollten. Es handele sich um einen beispiellosen Skandal, so Stanivuković.

"Heute wurde mir mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft Einsicht in bestimmte Akten fordert und von der Arzneimittelbehörde Vorlage von Akten ersucht. Das stimmt mich irgendwie optimistisch und gibt mir Hoffnung, dass die Staatsanwaltschaft handlungsbereit ist, nur appelliere ich bei dieser Gelegenheit, dass es schneller und effizienter sein muss, weil das zu weit gegangen ist."

Das Oberhaupt der rund 200.000 Einwohner zählenden Stadt Banja Luka, das sich mit der Schuldleugnung der Verantwortlichen konfrontiert sah, behauptete, unwiderlegbare Beweise dafür zu haben, dass die Behandlung mit industriellem Sauerstoff für die Patienten tödlich hätte enden können. Der Skandal erschütterte die breite Öffentlichkeit so sehr, dass selbst hohe Staatsbeamte reagierten und die Vorwürfe von sich wiesen. Stattdessen schoben sie die Schuld auf die Arzneimittelbehörde. Der aufgebrachte Premierminister der Republika Srpska, Radovan Višković, verteidigte seinen Gesundheitsminister Šeranić und die Direktoren der Gesundheitseinrichtungen.

"Warum wälzen Sie Ihre Verantwortung auf die Direktoren von Gesundheitseinrichtungen, auf die Regierung, auf die zuständigen Minister, auf den Premierminister und auf die Republika Srpska ab? Das zeigt einmal mehr, dass Bosnien und Herzegowina nur eine Last für die Republika Srpska ist."

Während die Regierung einerseits versuchte, sich der eigenen Verantwortung in diesem Skandal zu entziehen, beteuerten Ärzteverbände, dass technischer Sauerstoff nicht für medizinische Zwecke verwendet werden soll. Prof. Dr. Ermin Čehić, Leiter des Lehrstuhls Genetik an der Medizinischen Fakultät in Zenica, betonte in einer Stellungnahme für die Sarajevoer Tageszeitung Dnevni Avaz, dass technischer Sauerstoff einige sehr giftige Gase enthalte, während medizinischer Sauerstoff den Patienten in seiner reinsten Form versorge. Als Beispiel nannte er Kohlenmonoxid, das in technischem Sauerstoff enthalten ist. Čehić sagte, dass Kohlenmonoxid eine 100-fache stärker ausgeprägte Bindungsaffinität an Hämoglobin habe als Sauerstoff.

Trotz sämtlicher Beweise, die die Schädlichkeit von technischem Sauerstoff bei der Behandlung von COVID-19-Patienten bestätigen, hält der Direktor des Universitätsklinikums der Republika Srpska, Dr. Vlado Đajić, an seiner Argumentation fest, dass der zur Behandlung von Patienten verwendete Sauerstoff in Ordnung sei und dass es keine dokumentierten Folgen für die menschliche Gesundheit gegeben habe. Angesichts der möglichen Folgen des Skandals und der Tatsache, dass die Polizei die Ermittlungen aufgenommen hat, versucht er, die Schuld anderen zuzuschieben.

"Ich wurde einerseits als Arzt und andererseits als Leiter dieser Einrichtung in eine äußerst missliche Lage gebracht. Ich lade Sie ein, eine andere Abteilung zu besuchen, um drei Inspektoren und einen Papierstapel zu filmen. Wir kämpfen hier, um das Leben von Menschen zu retten. Wer hat Sie hergeschickt? Sie wurden vom Bürgermeister von Banja Luka, Draško Stanivuković, hergeschickt. Jetzt kämmen Sie Sauerstoffflaschen, Lieferscheine, Bestellungen und so weiter durch."

Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft der Republika Srpska in dem Skandal. Laut Ankündigungen sind die Familien der Verstorbenen bereit, Anzeige gegen die Verantwortlichen zu stellen. Es ist nur noch eine Frage von Tagen, wann dies erfolgen wird. Vorerst steht der Abschluss der gerichtlichen Ermittlungen aus, um Licht ins Dunkel der Affäre zu bringen.

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