Gesellschaft

"Unterschätzte Gefahr für die Gesundheit" – Renommierter Arzt warnt vor Digitalisierung und 5G

Der Arzt und Wissenschaftler Karl Hecht hat sich in 97 Lebensjahren mit vielen Fragen der Gesundheit beschäftigt. Eines seiner Themen sind Folgen der Mobilfunk-Technologie. Dabei ist er zum international anerkannten Experten und Mahner geworden, dem es insbesondere um den Schutz der Heranwachsenden geht.
"Unterschätzte Gefahr für die Gesundheit" – Renommierter Arzt warnt vor Digitalisierung und 5GQuelle: www.globallookpress.com © Jochen Tack via www.imago-images.de

Von Tilo Gräser

Ein Leben ohne Mobilfunk und ohne das allgegenwärtige Smartphone scheint vielen Menschen nicht mehr vorstellbar. Das gilt auch für die WLAN-Technologie. Mit viel Euphorie und Propaganda wird zudem die nächste Technologiestufe im Mobilfunk, das "5G"-Netz, eingeführt. Doch es gibt deutliche Kritik und auch Warnungen vor den Folgen. Sie kommen unter anderem von dem Pathophysiologen und Weltraummediziner Karl Hecht.

Der heute 97-jährige Wissenschaftler und Arzt hat als Professor für Neuro- und Pathophysiologie an der Berliner Charité gearbeitet – "wissenschaftlich und klinisch", was heute selten sei, wie er betont. Er hat sich mit Stress-, Schlaf-, Chrono-, Umwelt-, Weltraummedizin, Neuropsychobiologie und Neurowissenschaften beschäftigt. Hecht ist unter anderem Mitglied der russischen Akademie der Wissenschaften sowie der International Academy of Astronautics in Paris.

Bis heute ist er aktiv, beschäftigt sich mit medizinischen und gesellschaftlichen Problemen und versucht, sich einzumischen und aufzuklären. Das macht er auch bei der Frage, wohin der Mensch und die Menschheit insgesamt sich entwickeln. Dabei geht es ihm immer wieder um die Rolle von Technik und Technologie. Bei einem Gespräch Anfang September in Berlin-Köpenick, wo er wohnt, hat er seine Sicht auf die Entwicklung genauer erklärt.

Klare Position

Seinen Ausgangspunkt beschreibt er so: "Ich fühle mich an den Hippokratischen Eid gebunden und an die Genfer Deklaration des Ärztebundes vom Jahre 2017, ganz streng. Da ist der letzte Satz von Bedeutung: Ich werde meine Patienten richtig informieren."

Der 97-Jährige äußert sich deshalb deutlich kritisch gegenüber den technikeuphorischen Fantasien wie dem Transhumanismus, nach denen der Mensch eine Symbiose mit der Technologie eingehen muss, um überleben zu können. "Dagegen wehre ich mich natürlich ganz besonders. Wir brauchen keinen technischen Einfluss aufs Gehirn. Wir können unser Gehirn entfalten, und ich betone noch einmal, mit einer naturgemäßen Lebenskultur."

In einem Interview mit der Berliner Zeitung sagte er Ende August: "Ich bin jetzt fast 100 Jahre – ganz ohne Technik." Er benötige nur eine Prothese, ein Hörgerät. Hecht fügte hinzu:

"Ich lehne nicht jede Art von Technik ab. Die Zahnprothese hilft uns, dass wir bis zum Lebensende richtig kauen können. Hörgeräte, wie ich eins habe, helfen uns zu hören. Ansonsten könnte ich Sie überhaupt nicht verstehen. Endoprothesen für Gelenke befürworte ich auch."

Deutliche Kritik

Wie er die gezielte Beeinflussung des Hirns mit Funkwellen ablehnt, so kritisch sieht er Technologien wie den Mobilfunk einschließlich des neuen 5G-Standards. Damit beschäftigt er sich seit vielen Jahren.

Im Gespräch mit RT DE berichtet er, dass er in den 1990er-Jahren ein privates Stressinstitut gegründet hatte. Dieses habe vom einstigen Bundesamt für Post und Telekommunikation, der heutigen Bundesnetzagentur, einen Auftrag für eine Recherche in der sowjetisch-russischen Fachliteratur von 1960 bis 1996 bekommen. Dabei sei es um den Einfluss von Funkwellen, elektromagnetischer Wellen (EMF-Wellen) von null bis Gigahertz, auf biologische Prozesse gegangen.

Doch die daraus entstandene Studie mit etwa 120 Seiten sei "sofort im Archiv verschwunden", erinnert sich Hecht. Auch eine geplante Präsentation beim zuständigen Bundesumweltministerium hat nie stattgefunden. Der Grund: Das Ergebnis entsprach nicht den Vorstellungen der Auftraggeber. Die wollten anscheinend nichts darüber nach außen dringen lassen, dass schon in der Sowjetunion festgestellt wurde, dass selbst elektromagnetische Wellen niedriger Frequenz, weit unterhalb aller westlichen Grenzwerte, dauerhafte gesundheitliche Schäden verursachen können.

Unerwünschte Erkenntnisse

Nach Angaben des Mediziners wurden in der Sowjetunion alle Menschen, die beruflich diesen Funkwellenstrahlungen ausgesetzt waren, so in Radarstationen oder in Elektrizitätswerken, regelmäßig arbeitsmedizinisch untersucht. Wer krank wurde, sei behandelt, beurlaubt und auch zur Kur geschickt worden und habe eine neue, weniger gefährliche Arbeitsstelle bekommen. "Das ist ja heute hier überhaupt nicht möglich", fügt Hecht hinzu.

In den sowjetischen Untersuchungen sei bei den gesunden Menschen, die den elektromagnetischen Funkwellenstrahlungen acht Stunden am Arbeitsplatz ausgesetzt waren, nach drei Jahren Veränderungen in den körperlichen Funktionen festgestellt worden. Das sei trotz eines Grenzwertes geschehen, "der um drei Zehnerpotenzen niedriger ist als der hiesige Grenzwert", betont der Wissenschaftler.

Es seien "vor allem Schlafstörungen, psychische und nervale Störungen, Erschöpfung, also funktionelle Störungen, teilweise auch genetische Schäden" registriert worden. "Je länger die im Arbeitsprozess waren, umso größer wurde die Menge." Hecht kritisiert im Vergleich die heutige Forschung dazu: "Die machen alle hier höchstens ein oder zwei Jahre Studien, keine Langzeitstudien, und sagen: Das ist nicht so schlimm und wirkt sogar positiv."

Das "Moskauer Signal"

Der Mediziner verweist auf ein historisches Beispiel für die Strahlenfolgen, das "Moskauer Signal": Die sowjetische Führung ließ die US-Botschaft in Moskau seit 1962 mit Mikrowellen sehr niedriger Intensität "beschießen", um deren Abhöranlage zu stören. Bei den Botschaftsangehörigen hätten sich mit der Zeit gesundheitliche Schäden gezeigt, sodass unter anderem Schwangere zurück in die USA geschickt oder an andere Botschaften versetzt wurden.

Zu den mutmaßlichen Folgen, die Hecht in einer Broschüre beschrieben hat, gehörte unter anderem, dass drei von vier US-Botschaftern, die bis 1979 in Moskau gedient hatten, an bösartigen Erkrankungen möglicherweise durch die Bestrahlung starben. Unter den Botschaftsmitarbeitern habe es einen höheren Anteil an krebskranken gegeben als im Durchschnitt der US-Bevölkerung.

Die Studie, die die bundesdeutschen Auftraggeber nicht wollten, sei aber dennoch veröffentlicht worden, berichtet der Mediziner: "Da kein Passus drin war, dass wir das verschweigen müssen, haben wir das publiziert. Das wurde ohne unser Zutun ins Englische, Spanische, Italienische und so weiter übersetzt und hat große Reflexionen international gehabt. Aber wir wurden auch immer angegriffen."

Ignorierte Wirkungen

Aus aller Welt seien Anfragen zu den Ergebnissen gekommen, vor allem von elektrosensiblen Menschen, darunter radargeschädigte Bundeswehrsoldaten. Dass von den etwa 3.800 betroffenen Soldaten nur etwa 600 eine Entschädigung bekommen haben, sieht der Mediziner als "Schande" an. Er habe in zahlreichen Verfahren Gutachten für die Geschädigten angefertigt und diese so unterstützt.

Den Mediziner empört, dass elektrosensible Menschen als "eingebildete Kranke" eingestuft und zum Teil in die Psychiatrie geschickt werden. "Da gab es so viele Berichte. Es ist schlimm, was mit diesen Menschen gemacht wird." Dabei sei die Funkwellenkrankheit bereits seit 1932 bekannt.

Damals habe der deutsche Arzt Erwin Schließhake in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift über Symptome des Radiowellensyndroms berichtet, das er bei Arbeitern festgestellt hatte, die in der Nähe von Funkanlagen arbeiteten: "Starke Mattigkeit am Tage. Dafür nachts unruhiger Schlaf. Dann Kopfschmerzen, die sich immer mehr steigern, bis zur Unerträglichkeit. Dazu Neigung zu depressiver Stimmung und Aufgeregtheit." Die Abwehrkraft der Betroffenen sei offenbar durch Beeinflussung des Zentralnervensystems beziehungsweise des Gehirns herabgesetzt worden.

Das Problem ist laut Hecht, dass Funkwellen athermische Wirkungen, also keine Wärme entwickeln. Schon Schließhake habe bemerkt: "Durch Wärmewirkung allein lassen sich diese Erscheinungen nicht erklären." Diese würden bis heute von den zuständigen Behörden wie dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) nicht beachtet. Der heutige Grenzwert ist laut dem Arzt nur auf die thermische Wirkung bezogen. Dabei richten die athermischen Wirkungen elektromagnetischer Funkwellenstrahlungen, die auch beim WLAN auftreten, "großen Schaden" an, wie er betont.

Große Schäden bei Kindern

Hecht warnt seit Langem vor den Folgen der Mobilfunk-Technologie. Das macht er unter anderem in der von ihm mitgegründeten "Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, Umwelt und Demokratie e.V.". Für diese hat er schon mehrere entsprechende Publikationen veröffentlicht.

Der Arzt ist gegen den flächendeckenden WLAN-Einsatz an Schulen. Er verweist dabei auf die Erkenntnisse, dass athermische Wirkungen nichtionisierender elektromagnetischer Strahlungen gerade bei Kindern Schaden anrichten. "Der kindliche Organismus reagiert bis um das Zehnfache empfindlicher auf EMF-Strahlung als der erwachsene, weil die Entwicklung der Organe und Funktionssysteme noch nicht abgeschlossen ist." EMF steht für elektromagnetisches Feld.

Im Gespräch verweist er auf Aussagen der Hirnforscherin Gertraud Teuchert-Noodt von der Universität Bielefeld aus dem Jahr 2017:

"Ebenso wie Hacker die Stromversorgung eines Krankenhauses lahmlegen können, können digitale Medien-User in ihrem eigenen Gehirn die Versorgungszentrale für die gesamte Informationsverarbeitung auf psycho-kognitiver Ebene außer Kraft setzen und eine mentale Erschöpfung herbeiführen. Vielleicht ist ein Hirn-Crash sogar noch schlimmer."

Die Wissenschaftlerin habe nachgewiesen, "dass bei den Kindern das Vorderhirn geschädigt wird, und die Kinder, wie sie schreibt, zum Psychopathen werden", so Hecht. Er stimmt Teuchert-Noodt zu, die 2020 in einem Interview erklärte: "Handys, Notebooks und Tablets haben in Schulen nichts zu suchen. Kinder können nur analog lernen. Nur dadurch werden die für die raum-zeitliche Knüpfung von Nervennetzen benötigten Synapsen im Gehirn geformt."

Gefährliche Digitalisierung

Die Hirnforscherin wies darauf hin, dass das kindliche Gehirn noch nicht ausgereift ist und durch die digitalen Medien sowie der Wellen übererregt werde. Das führe "zu fatalen Folgen in der Intelligenzentwicklung von Kindern, die digitale Medien nutzen". Aus der Sicht von Teuchert-Noodt "entsteht gerade eine verlorene Generation". Deshalb findet sie es "unverantwortlich, dass die Pädagogik bei der Digitalisierung voll mitzieht".

Angesichts dessen ist für den Arzt Hecht die beschleunigte Digitalisierung der Bildung infolge des Lockdowns durch die offiziell im März 2020 ausgerufene COVID-19-Pandemie "eine furchtbare Situation". Darauf hat er im Dezember 2020 in einem ausführlichen Beitrag im Onlinemagazin Rubikon aufmerksam gemacht. Darin beschreibt er ebenso reale Alternativen:

"In Russland war das anders. Da gibt es ein nationales Komitee zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung. Die haben zum Beispiel, als der Lockdown eingeführt wurde, über das Gesundheitsministerium allen Eltern und Großeltern eine Anleitung gegeben, wie lange ein Kind am Computer sitzen und welche Pausen gemacht werden müssen, um es zu schützen."

5G als Gefahr

Der Neuro- und Pathophysiologe warnt ebenso vor der 5G-Mobilfunk-Technologie, deren Einsatz derzeit in der Bundesrepublik flächendeckend vorbereitet wird. Dazu hat er ebenfalls einen Forschungsbericht und weitere Publikationen veröffentlicht. Das sei "genauso ein unterschätzter schlimmer Faktor für die Gesundheit der Menschen", widerspricht Hecht der euphorischen Propaganda von Unternehmen und Regierung.

Diese Technologie verursacht wie WLAN athermische Wirkungen von EMF-Strahlungen und pulsiert auf der 10-Hertz-Frequenz. Das habe schwere Gesundheitsschäden zur Folge. Diese habe unter anderem der Wissenschaftler Leberecht von Klitzing nachgewiesen, mit dem er zusammengearbeitet habe.

Die Strahlen sorgen demnach für sogenannten Elektrostress, der selbst dann anhalte, wenn die WLAN-Geräte ausgeschaltet sind. "Wenn sich das bei den Kindern bildet, stehen die dauernd unter Stress, auch wenn die EMF-Strahlen nicht da sind", so Hecht dazu. "Das ist eine Erscheinung, die ist sehr gut untersucht."

Weit verbreitete Ignoranz

Die aktuellen Untersuchungen zu WLAN bestätigten, was er noch in seiner Zeit an der Charité in der DDR beobachtet habe. Dort hatte er ein Schlaflabor aufgebaut und immer wieder Patienten betreut, die anders als im elektrisch abgeschirmten Schlaflabor zu Hause nicht richtig schlafen konnten. Mehrmals habe sich gezeigt, dass die Betroffenen in direkter Nähe von Funk- oder Elektroanlagen wohnten, sodass der einzige Ausweg ein Umzug gewesen sei.

"Aber wie gesagt, die Menschen glauben uns das nicht", beklagt der unermüdliche Aufklärer und Warner. "Das ist doch das Schlimme. Weil man die elektromagnetischen Felder nicht sehen, nicht hören, nicht riechen, nicht spüren kann." In einer Broschüre zum Thema stellt er fest:

"Da EMF-Funkwellen nicht bewusst wahrgenommen werden können, wird die Gefahr von den Verantwortlichen verharmlost und von den Menschen der Lüge größerer Glaube geschenkt als der Wahrheit. Mit dem G5-EMF-Funkwellensystem wird die jetzt schon hohe Gefahr noch um ein Vielfaches größer."

Notwendige Aufklärung

Der 97-Jährige will weiter aufklären und vor den Folgen warnen, auch wenn er immer wieder dafür "Gegenstöße" bekommt, wie er sagt. Die einzige Alternative sieht er in einem Übergang in den sogenannten sechsten Kondratjew-Zyklus. Der soll laut dem Ökonomen Leo A. Nefiodow nach der informationstechnologischen Entwicklung zur psychosozialen Gesundung der Menschheit führen. Dabei sollen die Gesundheit und die Ökologie in den Mittelpunkt gestellt werden.

"Es geht um die ganzheitliche Gesundheit der Menschen", erklärt Hecht im Gespräch mit RT DE wie schon zuvor gegenüber der Berliner Zeitung. "Wir müssen die Gesundheit in den Vordergrund stellen, damit auch die Wirtschaft in Zukunft funktionieren kann. Wir dürfen die Natur nicht weiter zerstören, denn auch das wirkt sich auf die Gesundheit aus."

Der bis heute engagierte Arzt erinnert an Rudolf Virchow, den vor 200 Jahren geborenen Gelehrten der Berliner Charité. Dieser habe gesagt: "Gesundheit ist mehr als Medizin. Medizin ist eine soziale Wissenschaft."

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