Russland

Wahleinmischung? Twitter sperrte Konto eines Kandidaten für die Dumawahlen

Das Konto eines bekannten russischen Fernsehmoderators und Kandidaten bei den Dumawahlen wurde von Twitter gesperrt. Grund ist angeblich die Weitergabe privater Daten. Der Medienmacher vermutet Versuch politischer Einflussnahme durch das US-Big-Tech-Unternehmen.
Wahleinmischung? Twitter sperrte Konto eines Kandidaten für die DumawahlenQuelle: Sputnik © Ewgenij Bijatow

Der russische Journalist Jewgeni Popow hat mehrere Jahre die politische Talkshow "60 Minuten" auf dem russischen staatlichen Fernsehsender Rossija 1 moderiert. Zuvor hatte er das Washingtoner Büro des Senders geleitet und war als Korrespondent in der Ukraine unterwegs gewesen. Nun bewirbt sich der 42-jährige Medienmacher auf der Liste der Partei "Einiges Russland" um einen Platz in der Staatsduma.

Am Donnerstag teilte der Kandidat mit, dass Twitter seinen Account mit der Begründung angeblicher Weitergabe privater Daten gesperrt habe. Popow selbst hält diese jedoch für vorgeschoben, weil er im monierten Twitter-Post lediglich die Adresse seines Wahlkampfbüros und seine Sprechzeiten mitgeteilt hatte.

"US-Twitter, oder besser gesagt sein politisches Aktiv, haben einen Grund für meine Sperrung erfunden. Der Grund war angeblich die Veröffentlichung der Daten meines öffentlichen Amtes", schrieb Popow auf seinem Telegram-Kanal.

Der angehende Politiker verglich seine Sperrung scherzhaft mit der Sperrung des Twitter-Kontos des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und vermutete den Versuch politischer Einflussnahme des Big-Tech-Riesen. "Sagen wir es klar und deutlich: Die aktive bürgerliche Haltung eines Kandidaten für die russische Staatsduma gefällt ihnen nicht."

Die Nachricht über die Kontosperrung verbreitete sich schnell, und viele bekannte Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens bezogen dazu Stellung, darunter auch die Pressesprecherin des Außenministeriums Maria Sacharowa. Die Sperrung sei eine Art Anerkennung, denn Popow habe im Unterschied zum gesperrten Trump noch kein politisches Amt inne. 

"Normalerweise bezeichnen wir dies als Zensur, Einmischung usw. Aber in diesem Fall ist es auch eine Anerkennung", schrieb Sacharowa auf Facebook und Telegram.

Jewgeni Primakow, der Chef der Rossotrudnitschestwo – dem russischen Pendant zum Deutschen Goethe-Institut – war weniger ironisch und warf Twitter direkte Wahleinmischung vor:

"Twitter hat sich erneut in unsere innenpolitischen Angelegenheiten eingemischt, genauer gesagt: in die Wahl, denn die Sperrung des Kontos eines Parlamentskandidaten [für einen Post], der die Adresse und den Kontakt seines Wahlkampfbüros enthielt, ist genau das, eine direkte und dreiste Einmischung in die Wahl." 

Andere Kommentatoren wiesen darauf hin, dass Twitter früher Accounts mehrerer regierungsnaher russischer Organisationen und Vereine, darunter Sputnik V und die Rossotrudnitschestwo, kurzzeitig gesperrt hatte.

Auch die Sperre Popows dauerte nicht lange. Schon nachmittags teilte er mit, dass Twitter ihm seine Seite "zurückgegeben" hatte. Er brachte das mit dem Zorn seiner Unterstützer in Verbindung.

Die Wahlen zur Staatsduma, dem russischen Unterhaus, finden vom 17. bis 19. September statt. Gewählt werden 225 Kandidaten nach Parteilisten und 225 Direktkandidaten. Insgesamt treten mehr als 2.000 Direktkandidaten zur Wahl an. Umfragen zufolge werden die bereits in der Duma vertretenen Parteien "Einiges Russland", die Liberaldemokratische Partei (LDPR), die Kommunistische Partei (KPRF) und "Gerechtes Russland" die Fünfprozenthürde überspringen und ohne große Veränderungen weiterhin in der Duma vertreten sein. Insgesamt sind 14 Parteien zu den Wahlen zugelassen, elf davon hatten bereits an den vorherigen Wahlen im Jahr 2016 teilgenommen.

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