Deutschland

Corona-Politik als ausgespartes Wahlkampfthema – Offener Brief an die Parteien

Der Wahlkampf zur Bundestagswahl am 26. September macht einen wenig kämpferischen Eindruck. Es geht anscheinend mehr um Personen als um Themen. Und dabei wird mit der Corona-Politik ein wichtiges Thema auch noch weggelassen, meinen namhafte Wissenschaftler, Mediziner, Künstler und andere Experten.
Corona-Politik als ausgespartes Wahlkampfthema – Offener Brief an die ParteienQuelle: RT © Tilo Gräser

Von Tilo Gräser

Es gibt anscheinend im Wahlkampf zur Bundestagswahl am 26. September kaum Aussagen zu einem der derzeitig wichtigsten Themen für die Gesellschaft: die Corona-Politik. Ein Blick auf die Wahlplakate, aber auch eine erste flüchtige Durchsicht der Wahlprogramme hinterlässt den Eindruck, dass hier etwas ausgespart wird.

Das sieht auch eine Reihe von namhaften Wissenschaftlern, Ärzten, Juristen, Künstlern und Unternehmern so. Sie haben "den Eindruck, dass Corona im Wahlkampf kein Thema ist", wie sie in einem kürzlich veröffentlichten offenen Brief schreiben. Der ist gerichtet an die Vorsitzenden der SPD, CDU, CSU, FDP, Linke und Bündnis 90/Die Grünen, also die etablierten Parteien.

In deren Parteiprogrammen vermissen die Unterzeichnenden Konkretes:

"Als Wählerinnen und Wähler dürfen wir von den Parteien Konzepte für die zukünftige Corona-Politik einer Bundesregierung erwarten."

Die Liste der Unterzeichnenden ist lang. Zu ihnen gehören unter anderem der Gesundheitsstatistiker Gerd Antes, der Berliner Rechtsanwalt Niko Härting, der Kinderarzt Steffen Rabe, die Fachärztin Heike L. Funck, der Rechtswissenschaftler Oliver Lepsius, die Psychologin Cora Hubrich, der Virologe Klaus Stöhr, der Musiker Paul van Dyk und zahlreiche andere aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Einige von ihnen haben in der Zeit der Pandemie wiederholt eine andere Politik gefordert.

Fragen zu wichtigen Aspekten

In ihrem Schreiben weisen sie nun gemeinsam darauf hin, dass die COVID-19-Pandemie für viele Bürger "ein tiefer Einschnitt" ist:

"Das öffentliche Leben ist seit März 2020 durch eine Vielzahl von Einschränkungen geprägt. Schulen, Universitäten, Gaststätten, Theater und viele andere Einrichtungen blieben lange Zeit geschlossen. Die sozialen, seelischen und wirtschaftlichen Folgen wiegen schwer."

Deshalb erwarten sie von den etablierten Parteien "Antworten auf die drängendsten Fragen der Corona-Politik". Dazu gehört, ob ein Expertenrat einberufen wird, "der sich aus allen betroffenen Disziplinen zusammensetzt: Expertinnen und Experten aus Medizin, Statistik, Virologie und Epidemiologie, aber auch Soziologie, Verhaltenspsychologie, Pädagogik, Kultur, Ökonomie, Politologie sowie Juristinnen und Juristen".

Weiterhin wird erwartet, dass die Ständige Impfkommission (STIKO) als gesetzlich mandatierte Kommission anerkannt und respektiert wird. Zugleich wird gefragt:

"Warum ist das Robert Koch-Institut – anders als beispielsweise die Datenschutzbehörden – keine unabhängige Behörde, sondern dem Bundesministerium für Gesundheit unterstellt?"

Eine Enquetekommission des Bundestages soll "die Versäumnisse, die es bei der Bewältigung der Corona-Krise gegeben hat und weiterhin gibt", untersuchen und notwendige Veränderungen vorschlagen.

Der offene Brief fordert andere Kriterien für die Pandemie als die dominierende Sieben-Tage-Inzidenz sowie einen "Corona-Stufenplan mit mittel- und langfristigen Strategien zur Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens". Die Unterzeichnenden fragen außerdem nach Konzepten der Parteien "für eine gerechte und transparente Verteilung der finanziellen Lasten der Pandemie". Das gilt auch für eine bessere soziale Absicherung von Kulturschaffenden und "Soloselbstständigen".

Grundrechte werden übersehen

Als letzter Punkt werden die Bürgerrechte genannt und gefragt: "Welche Ideen für ein Konzept hat Ihre Partei, wie es sich vermeiden lässt, dass Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten hinter verschlossenen Türen Entscheidungen über Corona-Maßnahmen treffen, die tief in das Leben und in die Grundrechte der Bürger eingreifen?" Es gehe darum, Transparenz, demokratische Prozesse, öffentliche Kommunikation und verhältnismäßige Abwägungen besser zu gewährleisten.

"Corona wird mit der Bundestagswahl nicht verschwinden", erinnern die Unterzeichnenden, die sich "klare Aussagen der Parteien zur Corona-Politik" wünschen. "Und wir erwarten alternative und zukunftsfähige Vorschläge und Ideen zur Corona-Politik, damit wir nicht nur zwischen Personen, sondern auch zwischen Ideen und Programmen wählen können." Sie wollen von den Parteien Ideen und Vorschläge, um am 26. September "auch bei der Corona-Politik eine echte Wahl" zu haben.

Von Antworten auf den offenen Brief ist noch nichts bekannt. Der ging nicht an die im Bundestag ebenfalls vertretene Alternative für Deutschland (AfD). Von dieser ist zumindest ein Wahlplakat bekannt, in dem das grundlegende Thema angesprochen wird: "Grundrechte vor der Regierung schützen", ist da zu lesen. Das Thema spielt tatsächlich im Wahlkampf bisher keine weitere Rolle.

Mehr zum Thema - Politologe Werner Patzelt zum laufenden Wahlkampf: "Bisher gab es tatsächlich wenig Inhalte"

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.