Deutschland

Wohnkosten: Immobilienbranche befindet Belastung für Mieter als tragbar

Während der Immobilienverband von bezahlbarem Wohnraum und gestiegenen Einkommen spricht, muss immerhin knapp die Hälfte der Mieterhaushalte mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens für den Wohnraum aufbringen. Selbst Vermieter sehen diese Marke als grenzwertig an.
Wohnkosten: Immobilienbranche befindet Belastung für Mieter als tragbarQuelle: www.globallookpress.com © STEFAN ZEITZ / Imago Images/ Global Look Press

Trotz vielerorts steigender Mieten sei das Wohnen für die meisten Menschen in Deutschland bezahlbarer geworden, hieß es am Montag aus der Immobilienbranche.

Laut dem kürzlich erschienenen "Vierten Bericht der Bundesregierung über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Deutschland", auf den der Immobilienverband IVD am Montag verwies, hatten Mieterhaushalte im Jahr 2019 im Schnitt 28 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Wohnen ausgegeben, immerhin ein Prozentpunkt weniger als 2017.

Laut dem Papier liegt die Wohnbelastungsquote von Mietern deutlich höher als die in der Gesamtbevölkerung (rund 21 Prozent). Inbegriffen in den Kosten sind Ausgaben für Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung. Bei einer mittleren Wohnungsfläche von 94,1 Quadratmetern standen den Menschen 2018 durchschnittlich gut 45 Quadratmeter Fläche zur Verfügung – etwas mehr als 2014 (44,6).

"Für die große Mehrheit der Mieter in Deutschland ist Wohnen bezahlbar", behauptet der IVD, der Makler, Wohnungsverwalter, Berater und Sachverständige vertritt. Nicht nur die Mieten, sondern auch die Einkommen seien im Schnitt gestiegen.

Die Wohnungsbelastungsquote liege im Mittel weit unter den 40 Prozent, ab denen Experten von einer finanziellen Überbeanspruchung sprechen, so die Immobilienbranche. Dem Statistischen Bundesamt zufolge lebten 2019 knapp 14 Prozent der Bevölkerung in Deutschland in Haushalten, die mehr als 40 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Wohnen ausgaben, hieß es auch der Branche.

"Obwohl die Menschen heute im Schnitt in größeren Wohnungen leben als früher, gibt es keinen Anstieg bei der Belastung der Haushalte", so IVD-Präsident Michael Schick. Er forderte politische Hilfe. "Einkommensschwache Familien, Alleinerziehende und Senioren in Großstädten sollte der Staat schnell und gezielt unterstützen, beispielsweise durch weitere Anpassungen des Wohngelds."

Jenseits der Komfortzone

Problematisch ist jedoch bereits die Grenze ab 30 Prozent des Haushaltseinkommens, die sowohl Sozialwissenschaftler als auch Immobilienexperten und Vermieter als Schwelle erwähnen, ab der die Mietkostenbelastung gerade für Haushalte mit niedrigem Einkommen – immerhin über sieben Millionen Menschen – möglicherweise nicht zu stemmen ist.

Diese Marke gilt nicht nur als prekär, sondern für Vermieter als Grund, den Mieter als längerfristig womöglich nicht zahlungsfähig anzusehen. Davon betroffen ist laut einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung knapp die Hälfte der Haushalte in deutschen Großstädten. Über 49 Prozent der rund 8,4 Millionen Haushalte, die in Deutschlands Städten zur Miete wohnen, müssen mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens ausgeben, um ihre Miete (bruttowarm) zu bezahlen, und dabei sind eventuelle Sozialtransfers und Wohngeld bereits berücksichtigt.

Doch laut der Studie des Forschungsteams um den Berliner Stadtsoziologen Andrej Holm, die auf neuesten Daten aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes basiert, muss sogar ein Viertel der Haushalte – 2,2 Millionen – in den 77 deutschen Großstädten mindestens 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden. Darüber hinaus gibt es demnach noch gut eine Million Haushalte – zwölf Prozent –, die sogar mehr als die Hälfte ihres Nettoeinkommens für Mietkosten ausgeben.

Dennoch stellten sich die Christdemokraten gegen eine anteilige Belastung von Vermietern bei der Verteilung von Zusatzkosten durch den CO₂-Preis auf Öl und Gas. Ein Kabinettsbeschluss im Mai hatte ursprünglich vorgesehen, dass bei Mietverhältnissen künftig Vermieter die Kosten des nationalen CO₂-Preises zu 50 Prozent tragen sollen, doch hielt die Unionsfraktion es für angemessen, die Vermieter im Mieterland Deutschland mit diesen Kosten zu verschonen.

Seit Jahren verweisen Beobachter in Bezug auf die der Immobilienbranche und den Vermietern wohlgesonnene Politik auf die Parteispenden, die unter anderem die Union aus der Branche erhält.

Auch im Corona-Jahr 2020 hat die Partei allein von Christoph Alexander Kahl meldepflichtige Spenden in Höhe von 300.000 Euro erhalten. Kahl ist geschäftsführender Gesellschafter der Jamestown US-Immobilien GmbH, einem marktführenden US-Immobilienfonds, der sich jedoch vorrangig auf Immobilien in den USA fokussiert. Dem Immobiliensektor, den die Organisation LobbyControl bereits 2018 als "Aufsteiger des Jahres" bezeichnete, war die Einflussnahme auf die Politik im Corona-Jahr 2020 laut der Partei die Linke mindestens 1,25 Millionen Euro Parteispenden wert. Fast 80 Prozent der Spenden an die CDU im letzten Jahr stammten demnach aus der Immobilienbranche.

Die Christdemokraten seien bereits seit gut 20 Jahren die "ungeschlagenen Lieblinge der Immobilienunternehmen", in der Gesamtheit seit dem Jahr 2000 läge demnach die FDP auf Platz drei, gefolgt von der in diesen Jahren oft an den Regierungen beteiligten SPD, und dann dem fünften Platz bereits die AfD. Schlusslicht seien Bündnis 90/Die Grünen, während die Linke gar keine Unternehmensspenden annimmt. Abseits der angabepflichtigen Spenden gebe es eine Reihe von Tricks, mit denen hohe Summen an die Parteien fließen oder anderweitig direkt Einfluss geübt wird.

Beispielsweise werden Großspenden gestückelt und so in mehreren Summen unter der angabepflichtigen Höhe von 10.000 Euro gehalten, auch Parteifinanzierungen durch Sponsoring sind ein Weg. Zudem werden Spenden an Parteien aufwändig verschleiert, wie im Beispiel der Wahlkampfhilfe des deutsch-schweizerischen Immobilienunternehmers und Milliardärs Henning Conle an die AfD, der die Summen tranchiert und durch Strohmänner geleitet habe.

Laut den Stadtsoziologen, die die Studie über Wohnversorgungsprobleme für die Hans-Böckler-Stiftung erarbeitet hatten, hat es eine "weitere Polarisierung" der Wohnungssituation gegeben. Demnach haben sich bis zum Jahr 2018 "soziale Ungleichheiten im Bereich des Wohnens verschärft und hohe Mietkostenbelastungen verfestigt".

Das zeige sich auch beim Vergleich der realen Einkommenszuwächse nach Abzug von Wohnkostensteigerungen zwischen 2006 und 2018 in unterschiedlichen Einkommensgruppen, insbesondere der Haushalte, deren monatliche Nettoeinkommen weniger als 60 Prozent oder bis zu 100 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. Die Einkommenszuwächse jener Mieterhaushalte, die mehr als 140 Prozent des mittleren Einkommens haben, waren demnach am höchsten.

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