Ein Pakt zum Plündern: Die Einigung zwischen den USA und der Bundesrepublik zu Nord Stream 2

Die USA und die Bundesrepublik vertragen sich wieder, und Nord Stream 2 geht in Betrieb. Die Grundlage der Versöhnung: gemeinsam die Osteuropäer bluten lassen ... wofür die "Energiewende" gerade den rechten Vorwand liefert.
Ein Pakt zum Plündern: Die Einigung zwischen den USA und der Bundesrepublik zu Nord Stream 2Quelle: www.globallookpress.com © Jens Büttner

von Dagmar Henn

Ja, man sollte diese Erklärung gelesen haben. Weil sie in einem Papier bündelt, was die US-deutsche Beziehung sowohl zur Ukraine als auch zu Russland prägt: Überheblichkeit, Bevormundung und ein grenzenloser Wille zu plündern.

Natürlich steht das so nicht in dem Dokument. Aber es ist schon witzig, wenn nach einer ausdrücklichen Versicherung, die Souveränität der Ukraine zu unterstützen, sie doch nichts anderes als Beute ist, deren Aufteilung hier verbrieft wird. Die Ukraine hat eben die Souveränität eines Kettenhundes, der gen Russland bellen darf, aber Herrchen gegenüber kuschen muss.

Gebellt wird natürlich auch in diesem Papier, sogar in besonders pathetischer Tonlage: "Wir bekennen uns heute erneut dazu, gegen russische Aggression und russische destruktive Aktivitäten in der Ukraine und darüber hinaus vorzugehen." Und dann wird von "Energie als Waffe" geredet. Nun, in dem Bereich wissen die USA, wovon sie reden; sie strangulieren Kuba seit Jahrzehnten vor allem durch massive Behinderung von Öleinfuhren. Auch die Bundesrepublik ist über die vielfachen Sanktionen, die die EU global verteilt, durchaus erfahren auf diesem Sektor.

Dass Russland im Gegensatz dazu Verträge selbst bei politischen Differenzen stets eingehalten hat, ist da eigentlich nur eine Randbemerkung. Viel interessanter ist, dass tatsächlich die USA wie die Bundesrepublik mit dieser Vereinbarung eigentlich genau das tun: Energie als Waffe einzusetzen. Und zwar in Gestalt einer "Klima- und Energiepartnerschaft". Wer weiß, wie die Internationale Energieagentur und die westlichen Banken mittlerweile per Klimaprogramm die Entwicklung armer Länder rund um den Globus abwürgen, weiß auch, welche Stunde mit diesem Stichwort für Osteuropa geschlagen hat.

Die US- und die Bundesregierung einigten sich darauf, dass Nord Stream 2 in Betrieb geht und dass vorerst keine Rede mehr davon ist, den Gaszufluss abzudrehen. Das ist erst einmal eine günstige Botschaft für die deutschen Bürger, die es auch im nächsten Winter gern warm hätten. Aber die Geschichte um Nord Stream 2 wurde in Deutschland immer so erzählt, als sei es für Russland besonders wichtig und die Bundesrepublik sei so freundlich, das Gas zu kaufen. Bei der Gelegenheit wird weder erwähnt, dass die Energieversorgung ohne Nord Stream 2 längst instabil ist, noch, dass die größten Gasspeicher der EU in Deutschland zu finden sind und die Motivation für große deutsche Konzerne wie die BASF-Tochter Wintershall, sich bei Nord Stream 2 zu engagieren, doch auch darin bestand, damit einen Hauptstrang der Erdgasversorgung Richtung Westeuropa unter deutsche Kontrolle zu bringen.

Die ganze Erklärung erinnert irgendwie an einen nie verabschiedeten Gesetzentwurf aus dem US-Kongress aus dem Jahr 2015, den "Russian Aggression Prevention Act" (RAPA). Dieser Entwurf hat einen sehr eigenartigen Abschnitt Sec. 105, in dem von "gestärkter US-deutscher Zusammenarbeit in globalen und europäischen Fragen" die Rede ist. In der gemeinsamen Erklärung zu Nord Stream 2 wird von einem "neu eingerichteten hochrangigen Dialog zwischen den USA und der EU über Russland" gesprochen, und es wird seitens der Bundesrepublik ein Sondergesandter in die Ukraine geschickt, ausgestattet mit einem Budget von 70 Millionen US-Dollar. Dieser Sondergesandte soll sich mit dem Energiesektor in der Ukraine befassen; aber neben dem Energiesektor ist dort nicht allzu viel Wirtschaft übrig.

Die Aufgabe dieses Gesandten ist in hübsche Worte verpackte Kolonialpolitik. "Im Rahmen der Klima- und Energiepartnerschaft zwischen den USA und Deutschland haben wir beschlossen, die Energiewende in Schwellenländern zu einem zentralen Anliegen zu machen." Das muss man übersetzen, genauso wie die Ankündigung, einen "Grünen Fonds" zu schaffen, der in einer Höhe von einer Milliarde US-Dollar die Energiewende in der Ukraine unterstützen soll.

Die Mittel, zu denen auch ein Zuschuss aus dem Bundeshaushalt in Höhe von etwa 175 Millionen Dollar gehören soll, sind ja kein Zuschuss, sondern Kredite. Mit denen dann Windräder, Solaranlagen und Ähnliches geschaffen werden sollen (man kann ja auch auf der kostbaren Schwarzerde Biogas erzeugen, statt Nahrungsmitteln anzubauen), die dann durch Lieferung der dadurch gewonnenen Energie an die Kreditgeber abgestottert werden. Sprich, hinter den so edel klingenden Zeilen verbirgt sich die Verwandlung der Ukraine in ein Energieprotektorat. Damit die Ukrainer künftig nicht auf dumme Gedanken kommen, soll auch "technische Hilfe für die Integration der Ukraine in das europäische Stromnetz" erfolgen.

Insbesondere die Ankündigung, der Fonds werde "den Kohleausstieg beschleunigen", dürfte Begeisterungsstürme bei all jenen Ukrainern hervorrufen, die sich mit heimischer Kohle und Bolleröfen gerade so noch durch die Winter retten.

Aber auch der Rest Osteuropas bleibt nicht ungeschoren und bekommt zugesichert, dass er US-amerikanisches Flüssiggas kaufen darf, damit er vom bösen Russland "unabhängig" ist. Die Konsequenzen für die jeweiligen Bevölkerungen dürften klar sein – auch wenn das "amerikanische" Gas sich dann letztlich als russisches erweist, das per Schiff mit einem Aufschlag angekarrt wird: Die Versorgung wird teurer. Der Spaß soll über den EU-Haushalt – das sichert die Bundesregierung zu – mit 1,7 Milliarden gefördert werden. Die sorgen natürlich nicht dafür, dass das umdeklarierte Gas für die Menschen bezahlbar bleibt, sondern für Terminals und Leitungen, an denen wieder einige verdienen, aber vermutlich niemand aus der "Drei-Meere-Initiative". Wenn es heißt, man werde sich mit der Klima- und Energiepartnerschaft "auf die Unterstützung der Ukraine und anderer Länder in Mittel- und Osteuropa konzentrieren", dann lässt sich das durchaus als Drohung lesen.

Die USA hatten der Ukraine sogar einen Maulkorb verpasst, berichtete die US-Zeitschrift Politico (auch wenn die Frau mit den Keksen, Victoria Nuland, das dementierte). Man müsse jetzt Schadensbegrenzung betreiben und das Verhältnis zu den Deutschen wieder in Schuss bringen.

Kurz gefasst: Die US- und die Bundesregierung vertragen sich wieder, weil sie sich darauf geeinigt haben, gemeinsam erst der Ukraine, dann dem Rest Osteuropas unter der Überschrift "Energiewende" das Fell über die Ohren zu ziehen; und natürlich muss da gegen Russland gepoltert werden, weil man diese Länder in Feindschaft zu Russland halten muss, damit sie beim Abhäuten nicht entwischen. Wenn man sie erst ausreichend mit Windanlagen und Biogasplantagen bestückt und endgültig komplett deindustrialisiert hat, dann könnten selbst die Russen sie nicht mehr retten.

Irgendwer sollte es der Ukraine und den Staaten aus der "Drei-Meere-Initiative" mal sagen: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

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