Meinung

Aggressionen gegen Iran gehen weiter: USA beschlagnahmen iranische Webseiten

Die Beschlagnahmung iranischer Webseiten zeigt, dass Biden die antiiranische Politik fortzusetzen gewillt ist. Bidens Wahl sollte nach Trumps Iran-Politik eine neue Ära einläuten. Aber die Aggressionen gehen weiter – und so gibt es wenig Hoffnung in Sachen Atomabkommen.
Aggressionen gegen Iran gehen weiter: USA beschlagnahmen iranische Webseiten© Press TV

von Tom Fowdy

Einige dachten, ein neuer US-Präsident bedeute nach der katastrophalen Trump-Ära einen Neustart der Beziehungen der USA zu Iran. Aber offensichtlich ist das nicht der Fall.

Gespräche zwischen Washington und Teheran über die Rückkehr zu den Bedingungen des Gemeinsamen umfassenden Aktionsplans (JCPOA oder "Atomabkommen") hatten darauf hingedeutet, dass einige Fortschritte erzielt werden könnten. Aber am vergangenen Dienstagabend beschlagnahmte das FBI die Webseite des internationalen iranischen Senders PressTV sowie mehrerer anderer iranischer Nachrichtenagenturen und ersetzte deren Inhalt durch eine Texttafel, auf der mitgeteilt wurde, dass die Beschlagnahme durch einen US Gerichtsbeschluss erfolgt sei und diese Webseiten "die demokratischen Prozesse der USA untergraben".

Erst vor wenigen Tagen hat Iran einen neuen Präsidenten gewählt, Ebrahim Raissi, der als Hardliner bekannt ist und bereits geschworen hat, Biden niemals zu treffen.

Es ist natürlich zutiefst ironisch, dass ausgerechnet ein Land, das von sich behauptet, für die Meinungsfreiheit einzustehen, diese Webseiten aus dem Netz genommen hat. Aber es ist nur die jüngste Tat auf einer langen Liste illegaler Handlungen und Aggressionen, die Washington seit Jahrzehnten gegen Iran verübt. Wieder einmal beweist Biden, dass er sich im Umgang mit Teheran nicht von seinem Vorgänger unterscheidet. Und obwohl er einen Dialog anbietet, hat er anscheinend nicht die Absicht, sich für das abscheuliche Vermächtnis Trumps zu entschuldigen.

Washington hat Iran seit Langem als staatlichen Sponsor des Terrorismus und als Schurkenstaat bezeichnet. Aber wenn man sich die historischen Aufzeichnungen ansieht, sind es die USA, die jeweils der Aggressor waren.

Stellen Sie sich vor, ein fremdes Land mischt sich in die demokratischen Wahlen Ihres Landes ein und stürzt den gewählten Präsidenten zugunsten einer autokratischen Marionette. Oder es unterstützt eine ausländische Invasion Ihres Landes, schießt versehentlich ein Zivilflugzeug ihrer staatlichen Fluggesellschaft ab und erklärt dann, dass man sich nie dafür entschuldigen wird. Dieses fremde Land hat mit Ihrem Land einen rechtsverbindlichen Vertrag abgeschlossen, hält ihn dann aber einfach nicht ein und erklärt ihn für ungültig, weil ihm die Bedingungen plötzlich nicht mehr passen. Dieses fremde Land beschlagnahmt auf hoher See gewaltsam Erdöl, das in Ihrem Land gefördert wurde, und verkauft es dann weiter. Und zu allem Überfluss ermordet es noch einen der ranghöchsten und populärsten Politiker Ihres Landes. Die USA haben Iran all dies – und noch weit mehr – angetan, wurden aber nie dafür zur Rechenschaft gezogen.

Es liegt nicht an religiösem Eifer, wie es so oft porträtiert wird, dass Iran ein so inbrünstiger antiamerikanischer Staat ist. Die Feindseligkeit gegenüber den USA kann auf eine Geschichte zurückgeführt werden, in der die USA ständig versucht haben, Iran politisch zu dominieren, um seine Ölreserven zu kontrollieren. Die lange Liste von Aggressionen hat gegenseitiges Misstrauen und ideologischen Hass hervorgerufen.

Dies hat zu einer Reihe von Stellvertreterkonflikten geführt, die den Nahen Osten erfasst haben, vom Libanon über Syrien bis zum Jemen. Es ist für die USA leicht, Iran als Schurkenstaat abzutun, aber vielleicht müssten die USA ihr Verhalten gründlich überdenken, um zu erkennen, wie sie zu dieser vergifteten Beziehung beigetragen haben. Wie die Beschlagnahmung der Webseiten zeigt, scheint die Biden-Regierung nicht gewillt zu sein, Teheran eine Atempause zu gewähren. Auch wenn man sich gegenüber Trump als moralisch überlegen präsentieren will, unterscheiden sich die Handlungen seines Nachfolgers in der Praxis kaum.

Biden möchte möglicherweise einen Dialog mit Teheran aufnehmen. Aber bisher deuten alle Anzeichen darauf hin, dass die USA die gleiche Politik wie Trump verfolgen wollen und somit nicht zum JCPOA zurückkehren und die Sanktionen gegen Iran aufheben – es sei denn, Iran beugt sich einer Änderung der Spielregeln und stimmt weitreichenden, einseitigen Bedingungen zu.

Beim JCPOA geht es nicht mehr nur um die nuklearen Ambitionen Irans, sondern um umfassendere Bemühungen, auch dessen Programm für ballistische Raketen einzudämmen. Der Versuch, durch die Beschlagnahmung iranischer Webseiten mehr Druck zu erzeugen, ist ein strategischer Fehler, insbesondere angesichts der Tatsache, dass sich die Gunst der iranischen Bevölkerung hin zu den Hardlinern verlagert.

Ja, Teheran wünscht eine Erleichterung der Sanktionen, daher sollte man eine mögliche Vereinbarung nicht ausschließen, zumal Iran im Austausch sein Programm für die Anreicherung von Uran anzubieten hat. Aber Iran wird nicht vor jeder US-Forderung kapitulieren, und es besteht auch keine Chance auf eine Entspannung der Beziehungen. Das hat der neue iranische Präsident Raissi deutlich gemacht.

Iran ist sich völlig bewusst, dass Washington seine Versprechen nicht einhalten wird und dass die feindlichen Handlungen weitergehen werden. Iran weiß auch, dass der einzig mögliche Ausweg aus den Eindämmungsversuchen der USA darin besteht, den Dollar fallen zu lassen und eine Wirtschaft auf andere Mächte wie Russland und China auszurichten. Solange Biden noch keine neuen Gründe präsentiert, die ein Vertrauen in die USA rechtfertigen, gibt es nur wenige gute Gründe zur Annahme, dass in Kürze ein umfassender Neustart der Beziehungen zwischen Iran und den USA erfolgen wird.

Übersetzt aus dem Englischen.

Tom Fowdy ist ein britischer Autor und Analytiker für Politik und internationale Beziehungen mit Schwerpunkt Ostasien.

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