Meinung

Russische Pazifikflotte vor Hawaii: Vom Zeigen der Instrumente

Wie in solchen Fällen üblich, werden alle Puzzlesteine hinter dem Putin-Biden Gipfel erst allmählich sichtbar. Einer davon war das Manöver der russischen Pazifikflotte vor Hawaii, das die Kompromissbereitschaft der US-amerikanischen Seite erhöht haben dürfte.
Russische Pazifikflotte vor Hawaii: Vom Zeigen der InstrumenteQuelle: www.globallookpress.com © © MOD Russia

von Dagmar Henn

Nicht alles, was die Entwicklung des Verhältnisses zwischen den USA und Russland bestimmt, ist immer für alle sofort sichtbar. Erst am 21.6. bestätigte eine Pressemitteilung des russischen Verteidigungsministeriums, dass zwischen dem 13. und dem 19. ebendieses Monats ein Manöver der russischen(!) Pazifikflotte vor Hawaii stattgefunden hat, also just während des Gipfeltreffens von Putin und Biden. Es war das erste Manöver in dieser Größenordnung und in dieser Nähe zu den USA, das seit dem Ende des Kalten Krieges stattfand.

Gerade Hawaii weckt bei US-Amerikanern natürlich historische Erinnerungen, und die Auswahl dieser Pazifikregion für das Manöver war mit Sicherheit kein Zufall. Es sollte vor den Augen des möglichen Gegners stattfinden, der bis ins kleinste Detail dem simulierten Versenken einer ganzen Flugzeugträgergruppe folgen konnte.

Die Flugzeugträgergruppen sind der Kern der US-amerikanischen Fähigkeit ihrer Machtprojektion weltweit. In den letzten Jahren ist zwar ihr tatsächlicher militärischer Wert deutlich gesunken, vor allem durch die neuen Hyperschall-Flugkörper, die sowohl das russische als auch das chinesische Militär entwickelt hat. In Andrei Martyanovs Buch "The (Real) Revolution in Military Affairs" (Die wahre Revolution in Militärfragen) kann man detailliert nachlesen, warum und wie solche hyperschnellen Gleitflugkörper wie die Kinschal die militärischen Spielregeln verändern.

Allerdings war diese neueste Waffengeneration bei dem Manöver vor Hawaii vermutlich noch gar nicht im Spiel. Der Militärjournalist Thomas Newdick meinte in "The Drive": "Keines dieser (beteiligten) Flugzeuge kann Antischiff-Lenkraketen abfeuern, auch wenn die MiG31BM aufgerüstet wird, um die Kinschal zu tragen, die in der Vergangenheit als "Flugzeugträger-Killer" beschrieben wurde. Es gibt zwar Berichte, dass die Nordflotte schon bald mit der Kinschal ausgerüstet werden soll, aber es ist nicht bekannt, dass die Pazifikflotte schon Exemplare dieser Waffe erhalten hätte."

Die zwei Manöverbestandteile von Mitteilungswert – die simulierten Angriffe auf eine Flugzeugträgergruppe wie die auf gegnerische militärische Infrastruktur – fanden also ohne Einsatz der neuesten Waffengeneration statt. Wenn man die Reaktion im Pentagon auf dieses Manöver betrachtet (die aus schlichtem Schweigen besteht), kann man davon ausgehen, dass diese Angriffssimulationen wohl dennoch "erfolgreich" waren.

Im Gegensatz zum Manöver Russlands vor seiner Westgrenze blieb das Manöver der Pazifikflotte der Weltöffentlichkeit weitgehend verschwiegen und verborgen. Man könnte allerdings durchaus mit Recht behaupten, die russische Marine habe der US-amerikanischen kurz ihre "Instrumente" gezeigt und darauf hingewiesen, dass sie auf gänzlich konventionellem Weg und sogar mit älteren Waffensystemen imstande wäre, die Macht des US-Militärs zu entkernen.

Wie weit die US-Amerikaner ihre Erkenntnisse aus diesem Manöver mit ihren Verbündeten geteilt haben, bleibt fraglich. Das Vorgehen des britischen Zerstörers vor der Krim legt eher nahe, dass dies bisher noch nicht geschehen ist.

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