Meinung

Der omnipräsente "Experte": Gebt Lauterbach endlich Kontra!

Unser täglich Lauterbach gib uns heute. Kaum einer liefert zum Stand der COVID-19-Pandemie und den Maßnahmen so viele Meinungen wie er, getreu dem Motto: Irgendetwas wird schon richtig sein. Der Mann braucht endlich Widerspruch!
Der omnipräsente "Experte": Gebt Lauterbach endlich Kontra!Quelle: www.globallookpress.com © Kay Nietfeld/dpa

von Arthur Buchholz

Karl Lauterbach erlebt seit einiger Zeit seinen zweiten Frühling. Als SPD-Abgeordneter spielt er eigentlich keine Rolle. In der Fraktion hat er kein Amt inne. Im Ausschuss für Gesundheit war er mal stellvertretendes Mitglied – von Januar 2018 bis Oktober 2019. Im Bundestag spricht er selten, das letzte Mal im Januar 2020. 

Umso öfter spricht er dafür in Talkshows. Seit Beginn der Maßnahmen hat Karl Lauterbach mindestens 49 Talkshows besucht und ausgiebig seine Forderungen und Befürchtungen bezüglich Corona zum besten gegeben. Vor allem mit Letzterem kann Lauterbach dienen. Kaum eine Schlagzeile über ihn beginnt nicht mit "Lauterbach warnt …"

Er warnt vor dem Herbst, er warnt vor dem Winter, er warnt vor dem Frühling. Seine Einschätzungen liegen so oft daneben, dass sogar die BILD den Professor mit dem rheinländischen Singsang einem Faktencheck unterziehen musste. Auch wenn es die Springerpresse ist, kann man sich den Beitrag ruhig mal durchlesen.

Das Problem ist aber nicht Lauterbach und seine extreme Meinungsmache. Lauterbach ist erst einmal Politiker, auch wenn er gerne als Wissenschaftler auftritt. Und als Politiker ist er auf Macht aus, schließlich sind ja bald Wahlen. 

Das Problem liegt zum einen in der Logik des Medienbetriebes. Alle Häuser sind gewissen wirtschaftlichen Zwängen untergeordnet. Viele können sich nicht allein durch verkaufte Printexemplare über Wasser halten. Werbung war schon damals die wichtigste Stütze vieler Blätter. Und die Verkäufe gehen seit Jahren zurück. Das Aufkommen des Internets hat die Branche weiter unter Druck gesetzt. Auf einmal war man eine Webseite unter vielen, die ihre Nachrichten anboten. Das Geschäftsmodell musste umgebaut werden. Werbung wurde noch wichtiger. Jeder Klick zählt, auch wenn er nur Bruchteile von Centbeträgen einbringt.

In die redaktionelle Arbeit übersetzt bedeutete dies: Je krasser die Nachricht (oder auch nur der Titel), desto besser. Das Clickbaiting war geboren. Onlinemedien sind auf solche "starken" Meinungen angewiesen, denn sie ziehen Leser an. Lauterbach ist ein Geschenk. Jede seiner Aussagen und seiner überzogenen Forderungen wird gierig aufgegriffen, denn er ist ein Klickgarant, auch bei RT DE.

In den sozialen Medien beginnt dann das mühsame Spiel, seine Aussagen auseinanderzunehmen, mit Studien zu vergleichen und in den Kontext zu setzen. Oftmals endet die Auseinandersetzung in wüsten Beschimpfungen und fördert die Rolle von Lauterbach als Verkünder der Wahrheit, der Morddrohungen erhält.

Ein weiteres Problem ist die Gestaltung von Talkshows. Ob Lanz, Illner, Will, Maischberger: Meist sitzt Lauterbach als einziger "Experte" in der Runde, umringt von Politikern und Journalisten. Da kann er Einschätzungen aus dem Ärmel schütteln, ohne Gegenrede fürchten zu müssen. Keiner kennt seine Quellen. Bei solchen Talks will niemand sein Gesicht verlieren.

Zuletzt stand seine Aussage zu den "Long COVID"-Folgen für Kinder in der Kritik. Lauterbach behauptete, sieben Prozent würden darunter leiden. Prompt kam die Antwort: "Sie müssen schon mit einer sehr, sehr großen Lupe suchen, um Fälle von 'Long COVID' bei Kindern zu entdecken", sagte Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Lauterbach musste zurückrudern, seine Aussagen relativieren. 

Doch in der Regel kommt der Einwand erst Tage später und damit zu spät. Da hat sich die öffentliche Debatte schon weitergedreht. Und nur im seltensten Fall wird ein "Experte" wie Lauterbach mit seinen Falschaussagen konfrontiert. 

Das Beispiel zeigt: Widerspruch wirkt. Es braucht aber mehr. Wer immer wieder die öffentliche Diskussion so beeinflusst wie Lauterbach, muss sofort zur Rede gestellt werden, durch eine Live-Recherche, durch überprüfbare Grundlagen seiner Aussagen. Nur so kann der Diskurs von einem Wettbewerb um die lauteste Stimme wieder zu einem Austausch von Argumenten werden.

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln. 

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