Europa

Impf-Affäre in Polen aufgedeckt: Warschauer Universität illegaler Impfungen von Promis beschuldigt

Das Warschauer Medizinische Universität steht im Zentrum eines großen Skandals, der seit Tagen die polnische Öffentlichkeit erschüttert. 18 Prominente, darunter Schauspieler, Politiker und Fernsehleute, sollen sich dort illegal impfen lassen – angeblich zu Werbezwecke.
Impf-Affäre in Polen aufgedeckt: Warschauer Universität illegaler Impfungen von Promis beschuldigtQuelle: www.globallookpress.com

Am 30. Dezember teilte die Warschauer Medizinische Universität (WUM) mit, eine Reihe von Personen aus der Welt der Kultur geimpft zu haben – mit einem zusätzlichen Dosenpool, den die Agentur für Materialreserven dem Klinischen Zentrum der Universität dafür zur Verfügung stellte. Die Prominenten sollten mit ihrer Teilnahme im Rahmen der laufenden Kampagne das Impfen in der Bevölkerung popularisieren. Das habe der Nationale Gesundheitsfond vorgeschlagen.

Mehr zum Thema - Geringe Impfbereitschaft in vielen Ländern der EU

"Trotz des Verständnisses für die Vorteile einer Impfung gegen COVID-19 äußern viele Menschen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Impfung", beklagte sich die WUM.

Bald machten mehrere Beteiligten ihre Impfung in sozialen Medien publik, darunter der Ex-Premier und EU-Abgeordnete Leszek Miller: "Das ist der beste Weg, um einen Zweifel zu beseitigen: Impfen oder nicht impfen?", schrieb er am 31. Dezember auf Twitter und zeigte seinen Impfbeleg.

Bald stellte sich heraus, welche Promis dem Angebot der WUM sonst folgten: die Schauspieler Krystyna Janda, Maria Seweryn, Wiktor Zborowski und Michał Bajor, der Satiriker und Regisseur Krzysztof Materna sowie TVN-Programmdirektor Edward Miszczak. Wie sich später herausstellte, sollten es insgesamt 18 Personen sein. Viele bleiben jedoch bislang unbekannt.

Doch in der Öffentlichkeit kam ihre vorzeitige Impfung nicht gut an. Sie gerieten in Erklärungsnot, warum sie und nicht Mitarbeiter des Gesundheitswesens während der sogenannten Nullphase der Impfung mit Anti-COVID-Vakzine geimpft werden mussten. Nach dem von der Regierung kurz nach Weihnachten angekündigten Zeitplan sollen bis Mitte Januar nur Mitarbeiter von Gesundheitseinrichtungen, Pflegeheimen und Verwaltungspersonal dieser Einheiten geimpft werden.

Einige Journalisten wiesen darauf hin, dass die Geimpften vor allem Freunde von Janda seien – der Schauspielerin, die die Liste der Promis der Klinik überreichen sollte. "Hat jemand schon einmal 'Botschafter' eines landesweiten Programms gesehen, die Kameras, Blitzlichter und Journalisten meiden? Oder wird es eine neue Praxis sein, die Namen dieser 'Botschafter' erst nach einer journalistischen Untersuchung zu veröffentlichen?", fragten Journalisten spöttisch. "Uns wurde zugesichert, dass die Vakzine sonst weggeschmissen werden", erwiderte eine der Teilnehmenden. "Ich war im Glauben, dies für einen guten Werbezweck gemacht zu haben."

Am Wochenende schaltete sich die Regierung an. Regierungssprecher Piotr Müller äußerte sich kritisch zu dem Vorfall. Gesundheitsminister Adam Niedzielski leitete eine Untersuchung ein. Am Montag erzählte Janda im Fernsehen, dass sie dem Rektor der Warschauer Medizinischen Universität, Prof. Zbigniew Gaciong, eine Liste von Schauspielern zur Verfügung stellte, die sich bereit erklärt hatten, Botschafter für die Impfkampagne zu sein.

"Wir sollten eigentlich geimpft werden, aber später. Und plötzlich klingelte das Telefon, und wir wurden gerufen, um zu kommen, weil diese Impfstoffe offen sind und sie verschwendet würden", erklärte die Schauspielerin.

Gaciong bestätigte, dass er von Janda eine Liste der geimpften Personen erhalten hatte. Die Namen der teilnehmenden Prominenten habe er vor dem Telefongespräch mit Janda am 3. Januar nicht gewusst. "Auf meine Anfrage hin schickte sie mir die Namen mehrerer Personen, die bereits geimpft worden waren und die wir gerne in die Werbekampagne einbeziehen könnten", teilte er am Dienstag mit.

Am selben Vormittag trat Gesundheitsminister Niedzielski vor die Kameras und erzählte von den ersten Untersuchungsergebnissen. Sie standen in krassem Widerspruch zu den Aussagen, die die Beteiligten in den Medien gemacht hatten. In Bezug auf die Haltung der Universitätsleitung erklärte Niedzielski, dass "wir es hier mit einem ständigen Wechsel der Aussagen und Positionen zu tun haben".

"Am Anfang beobachteten wir die Haltung des Rektors Prof. (Zbigniew) Gaciong, der uns mitteilte, dass er von nichts wisse, dass es in einer der Firmen geschehe, an der die Medizinische Universität natürlich zu hundert Prozent beteiligt ist", sagte er.

Ähnlich kommentierte den Vorfall Regierungssprecher Müller: "Es sollte erklärt werden, was der Rektor der WUM wirklich wusste. Es gab eine Menge unwahrer Informationen. Es ist eine dreiste Lüge, dass sie einen zusätzlichen Pool von Dosen für Werbeimpfungen bekommen sollten", sagte er am Dienstag in einem Interview. Es habe ein Verstoß gegen die Regeln der Verteilung von Impfstoffen gemäß der Nationalen Impfstrategie gegeben, so der Regierungssprecher.

Mehr zum Thema -Umfrage: Corona-Impfbereitschaft sinkt und ist am niedrigsten unter dem Gesundheitspersonal

Der Gesundheitsminister erzählte auf der Pressekonferenz, wie und wann das Klinische Zentrum der Universität nach Ansicht der Inspekteure des Nationalen Gesundheitsfonds trickste. Er wies darauf hin, dass der Nationale Gesundheitsfonds am 29. Dezember um die Mittagszeit bekannt gab, wer geimpft werden darf, wenn die Gefahr besteht, dass ein Impfstoff verschwendet werde. Dies seien Krankenhauspatienten (...) und eventuell eine Person, die der Familie des im Krankenhaus beschäftigten medizinischen und nichtmedizinischen Personals angehört.

Der Minister erklärte, dass die Bekanntgabe der Liste der zu impfenden Personen durch die WUM bereits am 28. Dezember erfolgt sei, d.h. am Tag vor der Bekanntgabe der Ausnahmeregelung, die die Impfung von Personen außerhalb der Gruppe des medizinischen Personals ermöglicht.

Doch das war nicht der einzige Verstoß gegen die Impfregularien. Niedzielski wies darauf hin, dass Personen, die außerplanmäßig geimpft worden waren, "als nichtmedizinisches Personal, das im Krankenhaus arbeitet, registriert wurden".

"In der an das E-Health-Zentrum gesendeten Datei, die die Namen der zur Impfung berechtigten Personen enthält, befanden sich die Namen derjenigen Personen, über die wir immer mehr aus den Medien erfahren und deren Bekenntniserklärungen seit einigen Tagen in den Medien zu beobachten sind", sagte der Minister.

Für diese Unregelmäßigkeit sieht die Krankenkasse Geldstrafen in Höhe von 250.000 polnischer Zloty vor (umgerechnet 67.000 Euro). Niedzielski merkte an, dass die endgültige Strafe erhöht werden könnte – "die Art und Weise, wie die Strafe bemessen wird, ist so implementiert, dass sie 50 Prozent der Gelder beträgt, die an die Impfzentren überwiesen werden". Die Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen.

Wird der Skandal auch persönliche Konsequenzen nach sich ziehen? Es ist bekannt, dass die Leiterin des Klinischen Zentrums, das die Impfungen durchgeführt hatte, bereits entlassen wurde. Der Minister wies darauf hin, dass die Reihenfolge der Impfung seit Wochen bekannt sei. Außerdem gab es entgegen der Ankündigung keine Werbekampagne. "Ich appelliere sowohl an die Universitätsleitung als auch an diejenigen, die geimpft wurden, damit es ihnen nicht an Zivilcourage fehlt, ihre Verantwortung in dieser Situation zuzugeben", sagte Niedzielski.

Wie in vielen anderen EU-Staaten begann die Impfung gegen COVID-19 auch in Polen am 27. Dezember. Laut Regierungssprecher Müller sollen bis Ende März drei Millionen Menschen geimpft werden. Auf der Warteliste der Warschauer Medizinischen Universität stehen derzeit 10.000 Personen. 

Mehr zum Thema -"Staatsskandal" und "Fiasko": Ärger über Impfstart in Frankreich

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.