Deutschland

Regierungssprecher bestätigt: Noch immer hängt Porträt von NS-Verbrecher Hans Globke im Kanzleramt

RT nahm den heutigen 75. Jahrestag des Beginns der Nürnberger Prozesse zum Anlass, den Regierungssprecher zum Stand des noch immer im Kanzleramt hängenden Porträts des verurteilen NS-Verbrechers und Hauptkommentators der Nürnberger Rassegesetze Hans Globke zu befragen.
Regierungssprecher bestätigt: Noch immer hängt Porträt von NS-Verbrecher Hans Globke im Kanzleramt

Im vierten Stock des Kanzleramts, also unweit des Denkmals für die ermordeten Juden Europas, hängt noch immer ein Bildnis des verurteilten NS-Verbrechers Hans Globke.

Dieser war ab 1933 im Reichsinnenministerium in seiner Funktion als Oberregierungsrat und ab 1938 als Ministerialrat verantwortlich für das Verfassen und das offizielle juristische Kommentieren der Nürnberger Rassegesetze und galt als "Spezialist für Judenfragen". Er verfasste im Alleingang 1936 den ersten Kommentar zu den Nürnberger Gesetzen und deren Ausführungsverordnungen. Seine Kommentierung erwies sich als besonders einflussreich für die Umsetzung dieser berüchtigten Nürnberger Gesetze in die Praxis, insbesondere der Abschnitt zur "Rassenschande".

Mehr zum ThemaBundespressekonferenz: Wieso hängt noch immer Porträt von Nazi-Verbrecher Globke im Kanzleramt?

Laut freigegebenen Unterlagen des US-Auslandsgeheimdienstes CIA soll Globke auch für die Deportation von 20.000 Juden aus Nordgriechenland in deutsche Vernichtungslager in Polen verantwortlich gewesen sein. 

Doch trotz Globkes Rolle im Dritten Reich als "Spezialist für Judenfragen" im Reichsinnenministerium und Mitverfasser der Nürnberger Rassegesetze wurde er 1953 unter Bundeskanzler Konrad Adenauer Chef des Bundeskanzleramts und galt als dessen engster Vertrauter. Diese Stellung hatte er bis zum Rücktritt Adenauers 1963 inne. Globke ist wohl das prominenteste Beispiel für die Kontinuität – auch beim Personal der Verwaltungseliten – vom selbst ernannten "Dritten Reich" zur Bundesrepublik Deutschland (BRD). 

Anlässlich des 75. Jahrestages des Beginns der Nürnberger Prozesse fragte RT-Redakteur Florian Warweg nach dem aktuellen Stand in der Causa Globke und dem Umgang mit seinem Porträt im Bundeskanzleramt:

Die nachgereichte Antwort des Regierungssprechers lautete:

Im Verwaltungsbereich des Bundeskanzleramtes sind Porträts aller ehemaligen Chefs des Bundeskanzleramtes – auch von Hans Globke – in chronologischer Reihenfolge gehängt. Eine Wertung des Wirkens oder Vorlebens der Amtschefs ist damit nicht verbunden.

In Abstimmung mit der Historikerkommission, die mit der Aufarbeitung der Historie des Bundeskanzleramtes beauftragt ist, wurde im April unter dem Foto von Herrn Dr. Globke eine auf seine Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus hinweisende Informationstafel angebracht:

"Dr. Hans Globke, Chef des Bundeskanzleramtes von 1953 bis 1963, war im nationalsozialistischen Deutschland Mitverfasser des ersten Kommentars zu den Nürnberger Rassegesetzen von 1935. Als Beamter im Reichsministerium des Innern beteiligte er sich an deren weiterer Ausgestaltung und Umsetzung auch in den später besetzten Gebieten. Die Nürnberger Gesetze sprachen 'Nicht-Ariern' die Bürgerrechte ab, verboten ihnen die Eheschließung mit Nichtjuden und konkretisierten durch die rassistische Definition des Begriffs 'Jude' die Anwendung eines Gesetzes, das Juden von öffentlichen Ämtern ausschloss. Die Gesetzgebung, an der Hans Globke mitwirkte, bildete eine Grundlage für die Verfolgung, Deportation und Ermordung der deutschen und europäischen Juden sowie der Sinti und Roma.

RT-Redakteur Florian Warweg hatte bereits im Januar 2019 zur Causa Globke nachgefragt. Damals hieß es in einem ähnlichen Wortlaut: 

Sehr geehrter Herr Warweg,

im Nachgang zur Regierungspressekonferenz vom Mittwoch, 2. Januar, teile ich Ihnen als „ein Regierungssprecher“ mit:

Im Verwaltungsbereich des Bundeskanzleramtes sind Portraits aller ehemaligen Chefs des Bundeskanzleramtes - auch von Hans Globke - in chronologischer Reihenfolge gehängt. Eine Wertung des Wirkens oder Vorlebens der Amtschefs ist damit nicht verbunden.

Des Weiteren wurde auf zwei laufende Studien zur NS-Vergangenheit des Kanzleramtes verwiesen.

Der weitere Umgang mit dem Porträt in der Reihe der Chefs des Kanzleramtes wird nach der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse des Projekts thematisiert. 

Hintergrund der Verurteilung von Globke als Kriegsverbrecher

Es war nicht die Bundesrepublik, sondern die Deutsche Demokratische Republik (DDR), die 1963 einen Prozess gegen Globke in die Wege leitete. Versuche gab es auch in der BRD, allerdings wurde Globke vom BND, dem Verfassungsschutz, der CIA und auch durch Adenauer höchstpersönlich vor Strafverfolgung geschützt

Rechtsgrundlage für den Prozess in der DDR waren die international anerkannten Nürnberger Prinzipien, Art. 6 des Londoner Statuts für das Internationale Militärtribunal vom 8. August 1945 in Verbindung mit Artikel 5 Abs. 1 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik von 1949 und §§ 211, 47 des in der DDR zu jener Zeit noch geltenden Reichsstrafgesetzbuchs

Globke wurde als "kaltherziger, verbissener Antisemit“ wegen "in Mittäterschaft begangenen fortgesetzten Kriegsverbrechens und Verbrechens gegen die Menschlichkeit in teilweiser Tateinheit mit Mord" zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt.

Von der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde wird der Prozess bis in die Gegenwart als ein "höchsten Anforderungen der Rechtsstaatlichkeit verpflichteter und genügender Strafprozess" bezeichnet.

Die Verurteilung des Kanzleramtschefs in der DDR gilt auch nach Ansicht internationaler Strafrechtsexperten als nicht rechtsstaatswidrig. Nach der Wiedervereinigung erfolgte auch keine Rehabilitation durch bundesdeutsche Gerichte: Das heißt, juristisch betrachtet gilt Globke seit über 55 Jahren als überführter und verurteilter Nazi-Verbrecher.

Mehr zum Thema - Wladimir Putin: Torpedieren der Prinzipien von Nürnberg ist ein Angriff auf die globale Sicherheit

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.