Asien

Weiter schwere Kämpfe zwischen Armenien und Aserbaidschan – Kein Interesse an Gesprächen

Die Gefechte sind schon längst nicht mehr auf die abtrünnige Region Bergkarabach begrenzt, sondern haben sich auch auf die Grenzlinie der beiden Konfliktparteien ausgeweitet. Forderungen des UN-Sicherheitsrats nach einer umgehenden Feuereinstellung verhallen auf den Kriegsschauplätzen.
Weiter schwere Kämpfe zwischen Armenien und Aserbaidschan – Kein Interesse an GesprächenQuelle: AFP © Narek Aleksanyan

Seit Sonntag donnern die schweren Geschütze im Südkaukasus, und es gibt bisher keine Anzeichen dafür, dass eine der beiden Konfliktparteien Interesse an einer diplomatischen Beilegung hat. Sowohl Armenien als auch Aserbaidschan lehnten Forderungen nach einer Einstellung der Kampfhandlungen ab. Der UN-Sicherheitsrat hat seine "Bedenken" geäußert und die Gewalt verurteilt.

Gegenüber dem russischen Fernsehsender Rossija 1 erklärte der aserbaidschanische Präsident Ilcham Alijew, dass Gespräche mit Armenien unter den gegebenen Umständen nicht möglich seien. Nahezu identisch äußerte sich der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan gegenüber dem Sender und sagte, dass ein Dialog nicht geführt werden könne, solange Kämpfe stattfinden. Trotzdem empfing das russische Außenministerium gestern in Moskau jeweils eine Delegation aus Jerewan und eine aus Baku, um Verhandlungen zu führen. Über Ergebnisse oder Inhalt wurde hingegen nichts bekannt.

Über die Anzahl von Todesopfern gibt es unterschiedliche Angaben. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium behauptet, seit Sonntag mindestens 2.300 armenische Soldaten getötet zu haben. Auf der eigenen Seite seien zwölf Zivilisten ums Leben gekommen, meldete die Staatsanwaltschaft in Baku. Über Verluste in der Armee wurden keine Angaben gemacht. Die Behörden von Bergkarabach, der selbsternannten Republik Arzach, melden 84 getötete Soldaten. 

Unterdessen tobt auch der Informationskrieg zwischen den verfeindeten Staaten auf Hochtouren. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, mit den Feindseligkeiten begonnen zu haben. Am Dienstag wurde ein Su-25-Erdkampfflugzeug der armenischen Luftstreitkräfte abgeschossen, der Pilot kam dabei ums Leben. Jerewan machte dafür die Türkei verantwortlich. Ein türkischer F-16-Kampfjet sei vom aserbaidschanischen Stützpunkt Gandscha gestartet und tief in den armenischen Luftraum eingedrungen, als er die Su-25 abgeschossen haben soll. Das sei "absolut unwahr", erklärte Fahrettin Altun, der türkische Kommunikationsdirektor von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Auch das aserbaidschanische Verteidigungsministerium wies die Anschuldigungen von sich.

Am Mittwoch veröffentlichte die armenische Regierung Bilder von der abgeschossenen – oder verunglückten – Su-25 und bekräftigte erneut, dass die Maschine von einer türkischen F-16 abgeschossen wurde.

Am selben Tag drohte Baku der armenischen Seite, deren S-300-Luftabwehrsysteme zerstören zu wollen, sollten diese in die "Grenzgebiete" verlegt werden. Tatsächlich folgte am Mittwochmorgen die Meldung aus Baku, dass die aserbaidschanische Armee eine S-300-Batterie bei Kämpfen um die Ortschaft Schuschakend "ausgeschaltet" habe. Artsrun Hovhannisjan, Sprecher des armenischen Verteidigungsministeriums, sagte der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti hingegen, dass "diese Information nicht mit der Realität korrespondiert". 

Unterdessen veröffentlichte das Verteidigungsministerium in Baku Aufnahmen von mutmaßlichen Drohnenangriffen auf armenische Stellungen, die die Frage aufwerfen, woher die Kampfdrohnen stammen und wer sie steuert. Dabei wird oft mit dem Finger auf die Türkei gezeigt und als Beleg gewertet, dass Ankara eine aktive Konfliktpartei sei. 

Dabei ist es Israel, das das aserbaidschanische Drohnenprogramm erst in diesem Umfang mit aufgebaut hatte. Bei den Gefechten im Juli schossen die Armenier zahlreiche aus israelischer Produktion stammende Drohnen ab. Allerdings verweisen Experten darauf, dass die veröffentlichten Drohnenaufnahmen darauf hindeuten, dass es sich dabei um türkische Bayraktar TB2 handelt, die Ankara bereits in Syrien und Libyen mit großem Erfolg eingesetzt hat. Noch im Juli erklärte İsmail Demir, der Vorsitzende der Präsidialen Rüstungsindustrie, die einen Teil des türkischen Präsidialamts bildet: 

Unsere bewaffneten unbemannten Flugzeuge, Munition und Raketen, stehen mit unserer Erfahrung, unserer Technologie und unseren Möglichkeiten Aserbaidschan zur Verfügung. Wir müssen der Welt zeigen, dass die zwei Bruderstaaten eine Einheit bilden. Eine Nation, zwei Staaten.

Er versprach im Sommer, dass die Türkei die Modernisierung der aserbaidschanischen Streitkräfte vorantreiben werde. Verteidigungsminister Hulusi Akar ging sogar einen Schritt weiter, als er sagte, dass "Armenien dafür zahlen wird, was es getan hat". 

Nachdem der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Dienstag erklärt hatte, dass nur ein Abzug der armenischen "Besatzer" aus Bergkarabach den Konflikt lösen könne und Ankara Baku "sowohl am Verhandlungstisch als auch auf dem Schlachtfeld" unterstützen werde, folgte Aserbaidschan am Mittwoch mit einer gleichlautenden Verlautbarung. Die Kämpfe werden bis zum "vollständigen Rückzug" Armeniens weitergeführt, hieß es aus dem Außenministerium in Baku.

Die gestrige Aussage Çavuşoğlus hat hingegen in Frankreich für Entrüstung gesorgt. Präsident Emmanuel Macron verurteilte diese als gefährliche, "kriegsähnliche" Rhetorik zugunsten von Aserbaidschan. Er wolle mit seinen Amtskollegen in Moskau und Washington, Wladimir Putin respektive Donald Trump, sprechen, um "einen Weg aus der Krise" zu finden. 

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