Meinung

Gesichtsmasken alternativlos? – Corona-Parallelwelten prallen bei Schulbeginn aufeinander

In drei weiteren Bundesländern begann am Montagmorgen wieder der Schulbetrieb, der die Corona-Nation spaltet. Lehrer sitzen zwischen den Stühlen, Eltern gehen die Maßnahmen zu weit oder nicht weit genug, und mittendrin sind die Schüler, die zwischen den Welten agieren müssen.
Gesichtsmasken alternativlos? – Corona-Parallelwelten prallen bei Schulbeginn aufeinander© Tobias Schwarz

von Zlatko Percinic

Nachdem bereits vergangene Woche in Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg die Sommerferien zu Ende waren, öffneten am Montag die Schulen in Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein ihre Türen für tausende von Schülern. Das alles dominierende Thema ist dabei wenig überraschend: Corona.

Unsicherheit beherrscht das Geschehen. Ein Teil der Eltern besteht darauf, dass nach monatelangem Ausfall des regulären Schulbetriebs und dem nervenaufreibenden Homeschooling die Kinder endlich wieder normalen Unterricht erhalten, ein anderer Teil sieht darin eine Gefahr für ihre Kinder und sich selbst. Sie könnten sich in der Schule anstecken und das Virus mit nach Hause bringen. Die Debatten, die vor den Sommerferien in WhatsApp-Gruppen der Eltern geführt wurden und wo manchen Müttern und Vätern offensichtlich jegliche kommunikative Selbstbeherrschung abhanden kam, bricht jetzt erneut aus.

Während die einen ohne mit der Wimper zu zucken ihren Kindern zumuten, bei 35 Grad im Schatten den ganzen Tag eine Maske zu tragen und dabei noch schulische Höchstleistungen erwarten, geht das den anderen eindeutig zu weit. So verschieden die Meinungen der Eltern und Lehrern sind, so unterschiedlich sind auch die Maßnahmen der Bundesländer.

Wenn am Mittwoch in Nordrhein-Westfalen (NRW) der Unterricht beginnt, müssen bis mindestens Ende August – also während der größten Hitze – alle Schüler ab der 5. Klasse selbst während des Unterrichts eine Maske tragen. Wer sich nicht "konstant" daran hält, könne von der Schule fliegen, erklärte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) in einem WDR2-Interview. Es sei ihr bewusst, dass ein Mund-Nasen-Schutz bei dieser Hitze "eine besondere Beeinträchtigung" darstelle, aber angesichts des Infektionsgeschehens in NRW sei es "alternativlos".

Unterstützung für diesen Kurs erhält Gebauer von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Gesellschaft für Virologie, die in Positionspapieren (siehe hier und hier) eine Maskenpflicht auch während des Unterrichts empfehlen. An beiden Papieren war unter anderem auch Christian Drosten beteiligt, der Virologe der Berliner Charité, auf den die Bundesregierung hört.

An diese Empfehlung hält sich auch Gunilla Neukirchen, Vorsitzende der Vereinigung Berliner Schulleiterinnen und Schulleiter der GEW. Obwohl es in Berlin keine Tragepflicht im Klassenzimmer gibt, hat Neukirchen das an ihrer Schule in Steglitz-Zehlendorf (Beethoven-Gymnasium) durchgesetzt, wie sie in einem rbb-Interview bekannt gab:

Die Eltern befürworten es sehr, auch wenn es eine große Belastung für die Schüler darstellt.      

Etwas differenzierter sieht es bei der Privatschule Villa Elisabeth in Brandenburg aus. Dort ist man sich der unterschiedlichen Positionen der Eltern durchaus im Klaren, was in einem Elternbrief zum Beginn des neuen Schuljahres auch deutlich zur Sprache kam:

Sehr geehrte Eltern, wir üben uns in der Quadratur des Kreises! Es ist unser aller Bestreben, Ihren Kindern Präsenzunterricht anzubieten. Dabei bewegen wir uns zwischen zwei Polen, zwischen den Eltern, die aus Sorge um die Gesundheit ihrer Kinder, dem Schulstart sehr kritisch gegenüberstehen sowie den Eltern, die gerne mehr Lockerung im Schulalltag wünschen.

So unterschiedlich können die Regelungen ausfallen, die offensichtlich auch stark davon abhängen, welches soziale Milieu die jeweilige Schule bedient und wie groß der Druck von Eltern bzw. Elternvertretern ist.

Wie verhält es sich aber mit den Schülerinnen und Schülern, die schließlich unmittelbar von Entscheidungen betroffen sind, die sie vielleicht nicht teilen? 

Gerade ältere schulpflichtige Kinder haben durchaus ihre eigene Meinung, informieren sich selbst und tauschen sich natürlich mit ihren Freunden aus. Viele haben Verständnis für die Maßnahmen, die bereits in den letzten Wochen vor den Sommerferien eingeführt wurden und sind bis zu einem gewissen Grad bereit, weiterhin in den sauren Apfel zu beißen.

Aber worauf weder Politik, Eltern, Schulen oder Ärzte eine Antwort haben, ist die Realität der Teenager. Sie treffen sich in kleineren und größeren Gruppen. Sie feiern und genießen ihre Zeit nach dem verordneten Lockdown und den Abstandsregelungen, an die sie sich ohnehin mit der Zeit nicht mehr gehalten haben.  

Dazu kamen die Sommerferien. Manche sind verreist, auch ins Ausland. Solange sie keine oder auch nur milde Symptome zeigen, wird niemand wissen, ob sie sich mit dem SARS-Cov-2-Erreger angesteckt haben oder nicht. Und niemand weiß, wann und wo sie sich tatsächlich infiziert haben.

Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie sie den Erreger weitergeben können, so dass das, was die Politik eigentlich mit den Maßnahmen an den Schulen verhindern möchte (ein erneuter Lockdown), nicht gewährleistet werden kann. Und schließlich sind es nicht nur die Schüler, die das Coronavirus in sich tragen können, sondern auch die Lehrer. Wie schnell dann die Schulen wieder geschlossen werden, zeigte sich in Mecklenburg-Vorpommern nach nur vier Tagen Schulzeit vergangene Woche. 

Unter diesen Umständen ist es schwierig, den Jugendlichen den Sinn von allzu strengen Maßnahmen zu erläutern, wenn ihre Argumente auf die Parallelwelt einiger Politiker, Ärzte und selbst Eltern prallen. 

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