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Drastische Maßnahme nach KSK-Skandalen: Kramp-Karrenbauer will Elitetruppe teilweise auflösen

Für das Kommando Spezialkräfte ist es die letzte Chance, um noch gravierendere Maßnahmen zu verhindern. Die Verteidigungsministerin legt ein drastisches Reformkonzept vor. Die Elitetruppe soll die Möglichkeit erhalten, sich zu erneuern. Sonst droht die vollständige Auflösung.
Drastische Maßnahme nach KSK-Skandalen: Kramp-Karrenbauer will Elitetruppe teilweise auflösenQuelle: www.globallookpress.com © Björn Trotzki via www.imago-images.de

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr nach einer Serie rechtsextremer Vorfälle grundlegend umstrukturieren und teilweise sogar auflösen. Das Verteidigungsministerium unterrichtete die Fachleute im Bundestag am Dienstag schriftlich über ein umfassendes Reformprogramm, das auch die Einstellung aller Übungen und internationalen Kooperationen der Elitetruppe sowie den weitgehenden Abzug aus laufenden Einsätzen vorsieht. Eine ganze Kompanie wird aufgelöst. Dem Kommando soll zudem die Oberhoheit über die Ausbildung genommen werden.

Bis zum 31. Oktober will Kramp-Karrenbauer der Truppe Zeit geben, sich zu bewähren. Gelingt das nicht, droht dem Kommando Spezialkräfte (KSK) die komplette Auflösung.

Sollten insbesondere die Selbstreinigungskräfte des KSK nicht hinreichend Wirkung zeigen, wird sich unausweichlich die Frage stellen, ob das KSK in seiner jetzigen Form am bisherigen Standort erhalten bleiben kann", heißt es in dem Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs Peter Tauber an die Obleute des Bundestags-Verteidigungsausschusses, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Das KSK hatte seit 2017 immer wieder mit rechtsextremistischen Vorfällen Schlagzeilen gemacht. Alles begann im April 2017 mit einer Abschiedsparty für einen KSK-Kommandeur, bei der mit Schweineköpfen geworfen, Rechtsrock gespielt und der Hitlergruß gezeigt worden sein soll. Im Januar 2020 gab der Militärische Abschirmdienst (MAD) bekannt, dass bei der Elitetruppe 20 Soldaten unter Rechtsextremismus-Verdacht stehen. Im Verhältnis zur Truppenstärke war der Anteil zu diesem Zeitpunkt fünfmal so hoch wie bei der Bundeswehr insgesamt.

Im Mai wurde dann auf dem Grundstück eines KSK-Soldaten in Sachsen ein Waffenversteck mit Munition und Sprengstoff von der Polizei ausgehoben. Das brachte das Fass zum Überlaufen. Kramp-Karrenbauer setzte eine Arbeitsgruppe ein, um ein Konzept zur Unterbindung rechtsextremistischer Tendenzen im KSK zu erarbeiten. Auf Grundlage des 55-seitigen Berichts hat die Ministerin ihr Reformkonzept erarbeitet.

Das Urteil über den Zustand des KSK fällt verheerend aus. Das KSK habe sich "zumindest in Teilbereichen über die letzten Jahre verselbstständigt, abgeleitet aus einem ungesunden Eliteverständnis einzelner Führungskräfte", heißt es in dem Schreiben Taubers. Es hätten sich "extremistische Tendenzen und ein laxer Umgang mit Material und Munition" entwickelt. Die Dienstaufsicht aller Ebenen habe die bedenkliche Entwicklung nicht erkannt oder unterschätzt.

Daraus folgt, dass das KSK nicht in seiner jetzigen Verfassung bestehen bleiben kann.

Folgende Maßnahmen sollen mit sofortiger Wirkung ergriffen werden:

- Übungen und internationale Kooperationen werden eingestellt. Einsatzverpflichtungen werden, "soweit möglich, von anderen Einheiten übernommen".

- Die 2. Kompanie Kommandokräfte wird aufgelöst. Diese Kompanie hatte die sogenannte Schweinekopf-Party im April 2017 veranstaltet.

- Beim Generalinspekteur der Bundeswehr wird eine Kontrollinstanz zur Überwachung des Reformprozesses entstehen.

- Die Ausbildung der KSK-Soldaten soll künftig unter Verantwortung der Infanterieschule in Hammelburg stehen.

Am Montag hatte die Ministerin das KSK selbst besucht und deutlich gemacht, dass sich die Soldaten entscheiden müssen, ob sie Teil der Lösung oder weiter Teil des Problems sein wollen. Was jetzt folgt, ist eine Bewährungsprobe, für die die Truppe vier Monate Zeit hat.

Aber nicht nur das KSK, auch der Militärische Abschirmdienst – der Geheimdienst der Bundeswehr – wird auf den Prüfstand gestellt. Hintergrund ist, dass Mitglieder des KSK aus dem MAD über Ermittlungsergebnisse informiert wurden.

Organisation und Arbeitsweisen der Extremismusabwehr des MAD müssen weiter deutlich verstärkt und professionalisiert werden", heißt es in dem Brief Taubers.

Und dann gibt es da noch ein ungelöstes Problem. Nach jetzigem Stand der Ermittlungen ist der Verbleib von insgesamt 85.000 Schuss Munition und 62 Kilogramm Sprengstoff aus den Beständen noch nicht geklärt. Es soll nun eine Generalinventur geben.

Kramp-Karrenbauer betonte in einem Interview des Radiosenders SR 3, dass Spezialkräfte weiter gebraucht würden. Sie erinnerte daran, dass die Truppe 1996 zur Befreiung deutscher Geiseln in Kriegsgebieten gegründet wurde, was bis zu diesem Zeitpunkt ohne ausländische Hilfe nicht möglich war.

Wir brauchen auf jeden Fall Spezialkräfte", sagte sie.

Aber man müsse in besonderer Art und Weise Vertrauen in eine solche geheim operierende Truppe haben.

Der MAD hatte das KSK erst zu Wochenbeginn einen Schwerpunkt bei der Extremismusabwehr genannt und insgesamt eine "neue Dimension" beim Problem des Rechtsextremismus in der Bundeswehr ausgemacht. Überhöhter Patriotismus ohne Bekenntnis zum Grundgesetz, zum Staat des Grundgesetzes und zur offenen Gesellschaft werde in der Bundeswehr nicht geduldet, sagte der Präsident der Behörde, Christof Gramm, am Montag in Berlin bei einer öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Nachrichtendienste.

Solche falschen Patrioten haben bei uns definitiv nichts verloren.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Martina Renner, kritisierte den Schritt auf Twitter als unzureichend.

Dagegen kritisierten Politiker der AfD die angekündigten Reformen als unbegründet.

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(dpa/rt)

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