Deutschland

Hat Deutsche Welle auf Druck der brasilianischen Regierung einen Bolsonaro-Kritiker kaltgestellt?

Die fragwürdige Kündigung des bekannten brasilianischen Autors und Bolsonaro-Kritikers João Paulo Cuenca durch die Deutsche Welle hat jetzt auch die Bundespressekonferenz erreicht. Die Bundesregierung hat die Rechtsaufsicht über den staatlich finanzierten deutschen Auslandssender.
Hat Deutsche Welle auf Druck der brasilianischen Regierung einen Bolsonaro-Kritiker kaltgestellt?

Der Vorgang hat das Potenzial zu einem handfesten Skandal für die Deutsche Welle. Der in Berlin lebende preisgekrönte brasilianische Autor und bekannte Bolsonaro-Kritiker, João Paulo Cuenca, war bis vor kurzem fester Kolumnist beim deutschen Auslandssender Deutsche Welle (DW). 

Mehr zum Thema - Pressefreiheit à la Deutsche Welle: Wenn kritischer Tweet zu Präsident Bolsonaro zur Kündigung führt

Bis er am 16. Juni auf seinem privaten Twitterkanal ein historisches Zitat des französischen Religionskritikers und Frühaufklärers im 18. Jahrhundert, Jean Meslier, in metaphorisch leicht abgewandelter Form auf den brasilianischen Präsidenten münzte. Umgehend und ohne vorherige Rücksprache mit dem Autor kündigte ihm die Deutsche Welle. Der Autor erfuhr von der Kündigung via Twitter:

Die Deutsche Welle gibt bekannt, dass sie die vierzehntägliche Periskop-Kolumne von J. P. Cuenca nicht mehr veröffentlicht, nachdem der Kolumnist in einem privaten Profil in den sozialen Netzwerken eine Botschaft verfasst hat, die gegen unsere Werte verstößt.

Umgehend solidarisierten sich Medienschaffende weltweit mit dem von der deutschen Welle gekündigten Autor und zeigten sich entsetzt von der Entscheidung. Beifall erhielt der deutsche Auslandssender von ultra-rechten und evangelikalen Lobbygruppen in Brasilien. In Deutschland fordern über 100 namhafte Journalisten, Akademiker und Schriftsteller, darunter zum Beispiel der Vize-Präsident des PEN-Clubs Deutschland, Ralf Nestmeyer sowie der namhafte Schriftsteller und FAZ-Kolumnist Rafael Cardoso, in einem offenen Brief an die Deutsche Welle die Rücknahme der Kündigung von Cuenca.

Das brasilianische Presse-Observatorium, eine bekannte Watchdog-Organisation zur Lage der Pressefreiheit im Land, kommt in einem Beitrag zu dem Vorfall zu der Schlussfolgerung:

Die Kommunikationspolitik der DW hat sich als katastrophal erwiesen. Warum gab es keine Möglichkeit, das Problem kollegial zu lösen oder zumindest die Zusammenarbeit mit  J. P. Cuenca auf würdevolle Weise zu beenden?

Mehr zum Thema - "DW ist ein Sumpf": Whistleblower-Aussagen decken Rassismus und Mobbing bei Deutscher Welle auf

RT Deutsch-Redakteur Florian Warweg, welcher als erster in Deutschland über den Fall berichtet hatte, fragte auf der Bundespressekonferenz, wie die Bundesregierung, die die Rechtsaufsicht über die DW innehat, den Fall bewertet und ob die brasilianische Regierung Druck auf die Deutsche Welle ausgeübt hat, um die Kündigung des bekannten Bolsonaro-Kritikers zu erreichen. Auffallend, im Gegensatz zum sonst üblichen Vorgehen, wurde eine Einflussnahme durch die brasilianische Regierung nicht dementiert. Der Außenamtssprecher verwies lediglich darauf, dass "die Deutsche Welle in ihren Personalentscheidungen unabhängig ist."

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.