Meinung

Nach eigenen Maßstäben: Bild-Zeitung jetzt ein Fall für den Verfassungsschutz!

Wie tief kann man beim Griff ins Klo eigentlich sinken? Die Frage stellt sich in journalistischer Hinsicht spätestens nach dem, was die Bild-Zeitung und andere Mainstreammedien in den letzten Tagen an Hetze und Lügen über RT Deutsch ausgekübelt haben.
Nach eigenen Maßstäben: Bild-Zeitung jetzt ein Fall für den Verfassungsschutz!Quelle: www.globallookpress.com © Christoph Hardt/imago stock&people

von Sebastian Range

Am Dienstag trompetete es die Bild-Zeitung hinaus: "Verfassungsschutz nimmt Russen-Sender ins Visier". RT Deutsch werde wegen seiner Propagandaberichte zur Corona-Krise vom Verfassungsschutz und dem Bundeskriminalamt unter die Lupe genommen. Gut, das Blatt musste anschließend zurückrudern, da es Fake News verbreitet hatte. Aber geschenkt, im Hause Springer ist das business as usual.

Doch weiterhin stehen konkrete Vorwürfe im Raum, die Bild als Beleg für unsere "Propagandaberichte" anführt. Kurz und knapp geht es um drei Dinge. Zum einen der wöchentliche "Standpunkt" von Kani Tuyala, der sich vergangene Woche dem Thema biologische Kriegsführung widmete und das Coronavirus als Aufhänger nahm. Sein Beitrag beginnt so:

Um aufgrund der berechtigten Sorge und Ängste vieler Menschen jegliche mögliche Missverständnisse auszuräumen, vorab folgende Stellungnahme: Aktuelle virologische Analysen kommen zu dem eindeutigen Schluss, dass es sich bei COVID-19 [Coronavirus] nicht – ich wiederhole nicht – um einen künstlich erzeugten Virus handelt.

Die Intention für den folgenden Kommentar besteht darin, auf die massiven Gefahren hinzuweisen, die biologische Waffen, deren Entwicklung und entsprechende Experimente darstellen. Gerade die aktuellen Ereignisse sollten in dieser Hinsicht Mahnung genug sein. Die derzeitige Situation ist in vielerlei Hinsicht ein gesellschaftlicher Weckruf. Der Kommentar ist daher als Anregung zu verstehen, auch der Diskussion über die Problematik der Biowaffentechnologie den ihr gebührenden Raum zu geben.

Und was macht Bild daraus? Dort liest es sich so: "Hier verbreitet RT Deutsch das Gerücht, das Pentagon könnte COVID-19 im Labor gezüchtet haben." Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Einheitsmeinung statt demokratischer Diskurs

Und dann wäre da noch das Interview mit dem Internisten Dr. med. Claus Köhnlein, laut dem die Corona-Tests eine hohe Fehlerquote aufweisen und der grundsätzlich an der außerordentlichen Gefahr zweifelt, die vom Virus ausgeht. Das ist seine Meinung, nicht die von RT Deutsch. Und auch der Verfasser dieser Zeilen teilt diese Ansicht nicht, aber als Laie kann ich auch nicht jede Aussage bewerten. Um mir als Laie aber ein Bild machen zu können, will ich die Meinung verschiedener Experten hören. Und mit verschieden ist nicht die Wiederholung ein und derselben Ansicht durch verschiedene Personen gemeint.

Köhnlein steht mit seiner Meinung unter den Experten nicht allein da, gehört aber eindeutig einer Minderheit an. Solchen Minderheitenmeinungen – zumal von Personen geäußert, deren Vita sie als Experten auf diesem Gebiet ausweist – auch Gehör zu verschaffen, sollte in einem demokratischen Diskurs selbstverständlich sein und entspricht dem Anliegen der Sendung, in der das Interview erschienen ist – die sich ja nicht umsonst Der fehlende Part schimpft.

Jüngst lieferte die New York Times einen solchen "fehlenden Part", indem sie dem Gründungsdirektor des Yale-Griffin Prevention Research Center, Dr. David L. Katz, die Frage in den Raum werfen ließ, ob die Maßnahmen gegen die Corona-Epidemie vielleicht schlimmere Auswirkungen haben als das Virus selbst. Betreibt die US-Zeitung damit Kreml-Propaganda? Sollen jetzt alle Experten nur noch dasselbe sagen (dürfen)? In einigen deutschen Redaktionsstuben scheint man sich das zu wünschen.

Händewaschen und die Bedrohung der öffentlichen Ordnung

Am schwerwiegendsten ist jedoch der dritte Vorwurf, denn hier bleibt es nicht abstrakt, sondern es geht um das praktische Verhalten jedes Einzelnen: das Händewaschen. Der Tagesspiegel schreibt:

Gezielt gestreute Falschinformationen zur Krise um das Coronavirus bereiten den deutschen Sicherheitsbehörden Sorge. Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt und andere Behörden haben deshalb auch den staatlichen russischen Internetsender 'RT Deutsch' im Blick, wie das Bundesinnenministerium am Dienstag mitteilte. Durch 'gezielte Falschinformation' könne 'die öffentliche Sicherheit und Ordnung bedroht sein', sagte ein Sprecher des Ministeriums in Berlin.

'Wenn die Menschen gezielt mit falschen Informationen versorgt werden, dann entsteht Verunsicherung', sagte der Sprecher. Als Beispiel nannte er die Behauptung, dass Händewaschen nicht vor einer Ansteckung mit dem Virus helfe. Die deutschen Sicherheitsbehörden hätten bei der Abwehr von Desinformationskampagnen auch 'RT Deutsch' im Blick – und zwar unabhängig von der aktuellen Corona-Krise.

Geschickt erweckt das Blatt den Eindruck, die Sicherheitsbehörden seien wegen der Corona-Berichterstattung von RT Deutsch alarmiert – dabei machten sie nur allgemeine Aussagen zur Corona-Krise. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland ging dieser Darstellung auf dem Leim und behauptete unter Verweis auf den Tagesspiegel:

Ein Sprecher des Innenministeriums teilte mit, dass 'die öffentliche Sicherheit und Ordnung' durch 'gezielte Falschmeldungen' bedroht sei. Zum Beispiel habe RT Deutsch behauptet, dass Händewaschen nicht vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus helfe, so der Sprecher.

Dabei hatte der Sprecher seine Aussage gar nicht auf RT Deutsch gemünzt. Aber halten wir uns mit solchen Details nicht weiter auf. Was hat RT Deutsch denn nun wirklich verbrochen? Wir hatten den Arzt Dr. Bob Arnot zu Wort kommen lassen, der da sagte:

Sie können sich den ganzen Tag lang die Hände waschen, doch Sie werden trotzdem das Coronavirus bekommen, wenn jemand in Ihrer Nähe hustet.

Selbstisolierung sei deshalb die wichtigste Maßnahme. Arnot sagte also, dass Händewaschen nichts bringt, wenn man nicht gleichzeitig Distanz zu (potentiell) Infizierten wahrt. Was ist daran sachlich falsch? Nichts. Zumindest nach Ansicht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), auf deren Webseite bis vor Kurzem noch zu lesen war:

Eine Übertragung durch Schmierinfektion über die Hände, die mit der Mund- oder Nasenschleimhaut sowie mit der Augenbindehaut in Kontakt gebracht werden, ist prinzipiell nicht ausgeschlossen, spielt aber vermutlich nur eine untergeordnete Rolle.

"Eine Übertragung durch eine sogenannte Schmierinfektion über die Hände spielt vermutlich nur eine untergeordnete Rolle", heißt es auch nach aktuellen Informationen der Gesundheitsämter. Inzwischen heißt es auf der Webseite der BZgA:

Auch eine Übertragung durch Schmierinfektion über die Hände, die mit der Mund- oder Nasenschleimhaut sowie mit der Augenbindehaut in Kontakt gebracht werden, ist prinzipiell nicht ausgeschlossen. Welche Rolle die Schmierinfektion spielt, ist nicht bekannt. Bisher wurden häufig Infektionsketten identifiziert, die am besten durch eine direkte Übertragung, z. B. durch Tröpfchen, erklärbar waren.

Bislang gibt es keinen bestätigten Fall, dass sich jemand mit dem Virus angesteckt hat, der nicht direkten Kontakt zu einem Infizierten hatte (und nicht die nötige Distanz wahrte), sondern lediglich etwa den Türknopf an einer U-Bahn betätigte. Wird sich das Bundesinnenministerium nun die BZgA vorknöpfen?

Wenn Bild, Tagesspiegel und Co die Aussage von Arnot aus dem Kontext reißen und verkürzt darstellen, um gegen RT Deutsch hetzen zu können, dann sagt das mehr über sie selbst aus als über uns.

Aber jeder russophobe Schmierfink kann sich in einem erlauchten Kreis wähnen: Die Hetzkampagne gegen RT wurde ja vergangene Woche von der EU losgetreten, deren Auswärtiger Dienst ohne irgendeinen belastbaren Beleg die Behauptung in die Welt setzte, Pro-Kreml-Medien hätten eine "signifikante Desinformationskampagne" gestartet, um "Verwirrung, Panik und Angst" zu schüren. Schlagzeilen wie "Russland plant, die Zahl der Coronavirus-Toten in Europa mit gefälschten Nachrichten zu erhöhen" waren die Folge.

Wer anderen eine Grube gräbt ...

Eine solche Rufmordkampagne ist alles andere als amüsant. Dabei fängt der "Witz" gerade erst an, wirklich "lustig" zu werden. Denn ausgerechnet die Bild, die ihre Leser auch schon mal darüber aufklärt, dass Masturbieren gegen Corona helfe, hat in einer Sendung einen Professor zu Wort kommen lassen, der behauptet, dass Händewaschen zur Eindämmung der Epidemie nichts bringt! Ups. Zitat:

Man kann mit Händewaschen ein paar Viren abschwemmen von der Hand, aber man kann sie nicht abtöten, man trägt noch eher zur Weiterverbreitung bei.

Und besagter Prof. Klaus-Dieter Zastrow war in letzter Zeit in vielen Sendungen unterwegs, auch bei Springers Welt. Beitext dort: Zastrow "hält viele der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus für übertrieben". Na da schau an. Auch das Öffentlich-Rechtliche bot ihm ein Forum. Ob der Verfassungsschutz jetzt den rbb unter die Lupe nimmt? Haben wir mit unseren unfreiwilligen Gebühren etwa einer "Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" Vorschub geleistet?

Wohlgemerkt: Zastrow geht viel weiter als Arnot. Letzterer hat lediglich darauf hingewiesen, dass Händewaschen für sich alleine betrachtet nichts bringt, wenn man nicht gleichzeitig Abstand zu (potentiell) Infizierten hält. Ob Händewaschen an sich hilft, die Virusverbreitung einzudämmen, dazu sagte er nichts. Laut Zastrow tut es das nicht. Aber RT Deustch steht nun am Pranger – ja nee, ist klar!

Demnächst im Angebot auf RT Deutsch: Atemschutzmasken mit Destabilisierungsfunktion

Was kommt als Nächstes? Woraus könnte Bild oder sonst wer uns noch einen Strick drehen? Ich hätte eine Idee: Da gibt es doch einen gewissen Professor Zastrow. Der hatte neulich bei RT Deutsch behauptet: "Atemschutzmaske ist die wichtigste Maßnahme!" Dahinter kann doch nur ein finsterer Kreml-Plan stecken, mit dem Ziel, die deutsche Bevölkerung gegen die Regierung aufzuwiegeln.

Denn diese ist trotz monatelanger Vorlaufzeit nicht in der Lage, Krankenhäuser ausreichend mit Atemschutzmasken und sonstiger Schutzausrüstung zu versorgen. Von dem Personal und den Risikopatienten in Altenpflegeheimen ganz zu schweigen. Oder von normalen Arztpraxen, von denen viele schon den Betrieb wegen mangelnder Schutzmasken einstellen mussten. Über die von der Bundeskanzlerin hochgelobten Kassierer im Supermarkt oder den Paketzustellern fangen wir besser gar nicht erst an zu reden.

Von elf Millionen von der Bundesregierung zugesagten Schutzmasken sind mal eben sechs Millionen auf einem Flughafen in Kenia "verschwunden". Nun, was soll auch dabei herauskommen, wenn man ausgerechnet das Beschaffungsamt der Bundeswehr mit dieser Aufgabe betraut? Das ist in etwa so, also wollte man ein Sieb zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten verwenden – es funktioniert nicht.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) in Berlin schlägt indes Alarm. Am Mittwoch erklärte sie:

Jeden Tag behandeln wir ungeschützt Patienten, die zunehmend auch infiziert sind oder es sein können. Es gibt so gut wie keine sterilen und auch keine unsterilen Handschuhe, Gesichtsmasken, Schutzanzüge und Desinfektionsmittel, obwohl diese im medizinischen Bereich dringend gebraucht werden.

Gerade einmal 8.000 Masken seien in der Hauptstadt angekommen, das sei eine pro Praxis, so der KV-Vorstand bereits am Dienstag. "Wir bräuchten Hunderttausende", sagte der Vorstandsvorsitzende der KV Brandenburg, Dr. Peter Noack. Die Hilfe der Bundesregierung sei noch nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein, so Noack am Mittwoch im rbb.

Die Lage ist so prekär, Heinsbergs Landrat Stephan Pusch rief bereits China um Hilfe. Denn dort tragen über eine Milliarde Menschen seit Monaten Masken, selbst die Reisbauern auf dem Land. Es geht also. Und die Chinesen haben die Epidemie erfolgreich eingedämmt.

Da könnte der Laie auf die Idee kommen, diesem Beispiel zu folgen. Als solcher bezeichnet sich denn auch Kriminalkommissar Sebastian Fiedler, der am Mittwoch bei Markus Lanz die Frage stellte, ob es nicht klüger wäre, beispielsweise auch Polizisten mit Schutzmasken auszurüsten. "Den Gedanken kann man aufnehmen", sagte daraufhin die Virologin Prof. Dr. Melanie Brinkmann, "wenn die Masken wieder lieferbar sind". Damit hat sie die Katze aus dem Sack gelassen. Es geht dabei also nicht um die Frage der medizinischen Sinnhaftigkeit, sondern um die Verfügbarkeit.

Brinkmann kann das sagen, weil sie nicht für das Robert Koch-Institut arbeitet. Denn diese Regierungsbehörde verklickert der Bevölkerung weiterhin, dass ein flächendeckender Einsatz von Masken bei dieser Tröpfcheninfektion nichts bringe – während sich chinesische Ärzte nach ihrer Ankunft in Italien fassungslos zeigten, dass es in dem Land immer noch Menschen gibt, die keine Maske tragen.

Dass die Haltung des RKI Humbug ist, erkennt auch jeder Laie. Aber würde das RKI das Gegenteil behaupten und beispielsweise Masken für alle Risikogruppen fordern, dann würde das Ausmaß des Versagens der Bundesregierung, diese zu besorgen, um so deutlicher – und das darf nicht sein.

Nun dürfte sich auch dem einen oder anderen Redakteur bei Bild oder dem Tagesspiegel erschließen, warum RT Deutsch einen Experten zu Wort kommen lässt, der Schutzmasken als wichtigste Maßnahme empfiehlt: Damit soll der Bevölkerung die Unfähigkeit der Regierung vor Augen geführt werden, um das Land zu destabilisieren. Doch wer so denkt, den kann ich beruhigen: RT Deutsch kann dichtmachen! Deutschland wird zur Zeit erfolgreich von der Bundesregierung destabilisiert ... Sarcasm off.

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