Meinung

"Unwort des Jahres": Kampf um politische Deutungshoheit wird als Demokratiemaßnahme verkauft

Sprache ist ein komplexes Mittel der Kommunikation. Sie ist in ständiger Bewegung und passt sich den Gegebenheiten an. Für jeden Sachverhalt findet der Volksmund schnell einen entsprechenden Begriff. Wer diese Begriffe kontrolliert, kontrolliert den Diskurs.
"Unwort des Jahres": Kampf um politische Deutungshoheit wird als Demokratiemaßnahme verkauftQuelle: www.globallookpress.com © Dietmar Plewka/imageBROKER.com

von Jens Zimmer

Im Januar präsentiert die "Unwort-Aktion" der deutschen Bevölkerung das "Unwort des Jahres". Diese zweifelhafte Idee geht zurück auf den Sprachwissenschaftler Horst Dieter Schlosser und soll die Menschen auf ihren "Sprachgebrauch sensibilisieren". Der Vorgang an sich ist bereits bemerkenswert. Noch erstaunlicher ist nur, dass sich die Medienlandschaft geradezu überschlägt, um über diese alljährliche Neuigkeit zu berichten.

Was ist ein "Un-Wort"?

  • Un-Sinn
  • Un-Ruhe
  • Un-Heil
  • Un-Kraut

Wird einem Begriff die Silbe "Un" vorangestellt, so wird er dadurch negiert, seine Bedeutung quasi ins Gegenteil verkehrt. Unsinn ist mehr oder weniger das Gegenteil von Sinn. Das Unkraut ist die böse Version eines ansonsten heilsamen oder nützlichen Krauts. Und ganz ähnlich verhält es sich beim sogenannten "Unwort".

Das Unwort ist die schädliche Version des ansonsten guten Wortes. Ihm ist eine negative Botschaft inhärent. Das Unwort transportiert in sich selbst die Gefahr. Die Bedrohung ist ihm sozusagen intrinsisch zu eigen.

Wird ein Begriff als "Unwort" klassifiziert, so verliert er seine Legitimität. Er wird tabu! Dieser Begriff "gehört" sich dann nicht mehr. Es ist nichts weniger als der Entzug eines gewachsenen Wortes. Und dies als erzieherische Maßnahme. Vergleichbar einem Welpen, der in den Hausflur pinkelt, und Herrchen ruft "Pfui!".

Nur ist es hier eine "ehrenamtliche Initiative von vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten", die laut "Pfui!" ruft.

Mit welchem Recht eigentlich?

Selbstverständlich geht es nicht um ein "Wort". Es geht um die dahinterstehende Bedeutung. Meist ein Thema, das der Bevölkerung auf den Nägeln brennt. Oder ihr mit dem Holzhammer verabreicht werden soll. Sieht man sich die Unwörter der vergangenen Jahre an, so kommt man auch nicht umhin, dahinter eine gewisse politische Haltung zu erkennen. Die Juroren verbreiten mit dem  "Verbot" gewisser Worte also gezielt eine politische Meinung. Die Unwörter der letzten Jahre waren:

  • Anti-Abschiebe-Industrie
  • alternative Fakten
  • Volksverräter
  • Lügenpresse
  • Sozialtourismus

Alle diese vermeintlichen "Unwörter" wurden aus dem öffentlichen Diskurs verbannt. Durch diese Verbannung wurden also die dahinterstehenden Ansichten delegitimiert. Und zwar unabhängig davon, wie man sie formuliert. Nicht das Wort wird zum Unwort, sondern seine Bedeutung wird zum Tabu. Das Unwort markiert also die Grenze des gewünschten Diskurses.

Das Unwort des Jahres 2019 lautet "Klimahysterie". Die ehrenamtliche Initiative begründet ihre Entscheidung wie folgt: 

Mit dem Wort 'Klimahysterie' werden Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und wichtige Debatten zum Klimaschutz diskreditiert. Der Ausdruck wurde 2019 von vielen in Politik, Wirtschaft und Medien – von der F.A.Z. über Unternehmer bis hin insbesondere zu AfD-Politikern – verwendet. Er pathologisiert pauschal das zunehmende Engagement für den Klimaschutz als eine Art kollektiver Psychose. Vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Klimawandel ist das Wort zudem irreführend und stützt in unverantwortlicher Weise wissenschaftsfeindliche Tendenzen.

Ist irgendjemand der Ansicht, dass es sich nicht um eine politische Entscheidung handelt?

Die ehrenamtliche Initiative fühlt sich in ihrem Übermut dermaßen geborgen, dass sie ihren politischen Gegner sogar ganz offen benennt, ihn gar als "Begründung" für die Entscheidung heranzieht. Das Unwort des Jahres 2019 ist unter anderem deshalb intrinsisch böse, weil es "insbesondere von AfD-Politikern" geführt wurde. Und auf solch einen Unsinn muss man erst einmal kommen! Mit der gleichen Begründung könnte die AfD versuchen, das Wort "Windrad" zu verbieten.

In ihren Grundsätzen erklärt die "ehrenamtliche Initiative von vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten" vollmundig, Worte auszuwählen, die "gegen Prinzipien der Demokratie verstoßen". Der Vorschlag "Klimahysterie" wurde ganze neunmal eingereicht. Ganze neun Menschen waren also der Meinung, das Wort "Klimahysterie" gehöre sich nicht mehr. Die ehrenamtliche Initiative entschied daraufhin, dieses Wort und seine bisherige Bedeutung aus dem deutschen Sprachgebrauch herauszubrechen. Und sämtliche Medien haben über dieses kolossale Ereignis berichtet. Eine Sternstunde der Demokratie!

Wie nennt man es eigentlich, wenn in einem Land ein Wort zum Unwort erklärt wird, weil einigen dessen Bedeutung nicht passt? Mit der Begründung, dass unter anderem der politische Gegner dieses Wort benutzt. Und der dreisten Behauptung, dass das wissenschaftlich ja auch alles irgendwie belegt sei!

Also ich muss passen: Mir ist für diesen Vorgang kein Wort bekannt. Schon gar nichts so Griffiges wie zum Beispiel "Klimahysterie". Außer vielleicht ... "Neusprech".

RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln. 

Mehr zum ThemaZweifel an Greta bald verboten? Italienische Aktivisten fordern Zensur gegen "Klima-Leugner"

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.