Lateinamerika

Morales zu OAS-Wahlbericht: "Einzig die OAS hat bei der Präsidentschaftswahl betrogen"

Der abgesetzte Präsident Boliviens, Evo Morales, kritisiert erneut die Beobachtermission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) bei den jüngsten Präsidentschaftswahlen. Trotz der von der OAS beanstandeten Unregelmäßigkeiten hätte er die Wahl in der ersten Runde gewonnen.
Morales zu OAS-Wahlbericht: "Einzig die OAS hat bei der Präsidentschaftswahl betrogen"Quelle: AFP © CLAUDIO CRUZ

Nachdem die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ihren angekündigten Abschlussbericht zu den Präsidentschaftswahlen in Bolivien am vergangenen Mittwoch mit Verspätung veröffentlicht hatte, erklärte der abgesetzte Präsident, Evo Morales, dass er, selbst unter Berücksichtigung der angeblichen Unregelmäßigkeiten, die die Organisation anprangert, die Wahlen vom 20. Oktober 2019 gewonnen hätte.

Der OAS-Bericht besagt, dass sie bei 226 Wahlprotokollen Unregelmäßigkeiten festgestellt haben. Selbst wenn man die Stimmen für MAS [Movimiento al Socialismo, die Partei von Morales – Anm. Red.] in diesen Wahlprotokollen annulliert, bleibt der Vorsprung von über zehn Prozent [und damit der Wahlsieg in der ersten Wahlrunde – Anm. Red.]", so Morales.

Der Ex-Präsident wirft der OAS selbst Wahlbetrug und Beteiligung am Putsch gegen ihn vor:

Der einzige Betrug war der von der OAS, die sich am Staatsstreich beteiligt hat, um eine De-facto-Regierung zu installieren.

Er bekräftigt seine Kritik, dass man ihm den "Wahlsieg in der ersten Wahlrunde" geraubt habe, denn:

Die rechten Putschisten beschuldigen mich des Wahlbetrugs, während nicht einmal der offizielle OAS-Bericht von Betrug spricht, sondern von Unregelmäßigkeiten. Und das Gesetz sieht vor, dass bei Unregelmäßigkeiten die Abstimmung in den davon betroffenen Bezirken wiederholt wird.

Tatsächlich taucht das Wort "Betrug" in dem OAS-Dokument kein einziges Mal auf.

Bereits in der vergangenen Woche hatte Morales der OAS vorgeworfen, einen Vorbericht zur "Konsolidierung des Staatsstreichs" veröffentlicht zu haben. Zu diesem Zeitpunkt war der Abschlussbericht der OAS noch nicht erschienen.

Der Abschlussbericht der OAS

In dem von der OAS am Mittwoch veröffentlichten Abschlussbericht zur Präsidentschaftswahl heißt es, dass Morales "die Mehrheit der Stimmen erhalten hätte, nicht jedoch die notwendige Differenz von zehn Prozent, um die zweite Runde zu vermeiden".

Die OAS begründet ihr Urteil damit, dass der Sieg von Morales in der ersten Runde "statistisch unwahrscheinlich war". Vielmehr habe das Wahlergebnis auf "einer massiven und unerklärlichen Zunahme der Stimmen für die Partei MAS bei der Auszählung der letzten fünf Prozent der Stimmen basiert".

Darüber hinaus versicherte die Beobachterkommission, dass es Unregelmäßigkeiten beim Ausfüllen von Wahlprotokollen gab, die "die Integrität derselben beeinträchtigen". Allerdings räumt sie ein, dass ein Abgleich der "in den Wahlprotokollen übermittelten Informationen" nicht möglich war, da eine nicht genau zu bestimmende Menge der Wahlmaterialien verbrannt wurde. Diese Materialien wurden von der Opposition im Laufe ihrer gewalttätigen Proteste gegen den angeblich von der Morales-Regierung begangenen "Wahlbetrug" verbrannt.

Demgegenüber weisen Kritiker die sowohl im Vorbericht als auch im Abschlussbericht zentrale Argumentation der OAS zurück, wonach die Trendwende in der Auszählung unerklärlich und statistisch unmöglich sei.

So erkennt das in Washington ansässige Forschungsinstitut Center for Economic and Policy Research (CEPR) auch in dem Abschlussbericht keine objektive Untersuchung und kündigt die Veröffentlichung einer eigenen umfassenden Überprüfung der OAS-Wahlanalyse innerhalb der kommenden Tage an.

Zahlreiche Wissenschaftler bezweifeln in einem offenen Brief, der unter anderem im britischen The Guardian veröffentlicht wurde, ebenfalls diese zentrale Behauptung der OAS:

Die Erklärung für die Erhöhung der Stimmenanteile von Morales war daher recht einfach: Die später gemeldeten Gebiete waren mehr pro-Morales als die früher gemeldeten Gebiete. Tatsächlich war das Endergebnis auf der Grundlage der ersten 84 Prozent der ausgezählten Stimmen ziemlich vorhersehbar. Dies wurde durch statistische Analysen und auch durch eine noch einfachere Analyse der Unterschiede in den politischen Präferenzen zwischen den später und den früher gemeldeten Gebieten aufgezeigt.

Der argentinische Forscher und IT-Experte Rodrigo Quiroga erneuerte eine auch schon zuvor an den OAS-Berichten geäußerte Kritik:

Auch hier spricht der größte Teil des Berichts von der Schnellauszählung [Transmisión de Resultados Electorales Preliminares, TREP – Anm. Red.] (die ohne Rechtsgültigkeit ist) und fand Unregelmäßigkeiten in 226 Listen, 34.718 Stimmen für MAS von 38.001 Stimmen. Wenn die MAS-Stimmen auf diesen Listen annulliert werden, ist die Differenz immer noch größer als zehn Prozent!

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