Afrika

Gipfel Russland-Afrika: Kehrt ein alter Freund zurück?

Russland ist wieder in Afrika aktiv. Das bestätigt das beispiellose Gipfeltreffen, das am 23. und 24. Oktober in Sotschi stattfinden wird. Obwohl Russlands Einfluss in Afrika noch relativ gering ist, sehen die einstigen Kolonialmächte den neuen Konkurrenten mit Argwohn.
Gipfel Russland-Afrika: Kehrt ein alter Freund zurück?Quelle: Sputnik

Am 23. und 24. Oktober findet in Sotschi das Russland-Afrika-Forum statt, bei dem erstmals bis zu 3.000 Wirtschafts- und Regierungsvertreter aus afrikanischen Ländern mit ihren russischen Kollegen über Investitionen und gegenseitigen Handel diskutieren werden. In den letzten 17 Jahren ist der russische Handelsumsatz mit den Ländern des afrikanischen Kontinents um das 13-Fache gestiegen und beläuft sich heute auf mehr als 20 Milliarden Dollar.

Beispiellos ist auch die Repräsentanz des Gipfeltreffens – es werden 44 der 56 eingeladenen höchsten Staats- und Regierungschefs in der russischen Schwarzmeerstadt erwartet. Das Ereignis sei beispiellos und werde ein Meilenstein sein, sagte der russische Präsident Wladimir Putin im Vorfeld.

Ihm zufolge besteht die Idee dieser Veranstaltung seit Langem, aber es brauchte Zeit und viel Vorbereitungsarbeit, bis der Gipfel "zum Ausgangspunkt für den Aufbau einer fairen Partnerschaft auf der Grundlage von Gleichheit und gegenseitigem praktischem Interesse wurde".

Die Idee des Gipfels geht auf einen Vorschlag des sowjetischen Außenministers Eduard Schewardnadse aus dem Jahr 1989 zurück. Die Sowjetunion war auf dem afrikanischen Kontinent außerordentlich aktiv und unterstützte viele afrikanische Staaten politisch und militärisch, vielen half sie in ihrem Kampf gegen die Kolonialmächte.   

In den 90er-Jahren brach die Zusammenarbeit Moskaus mit Afrika ein. Mit dem Besuch Waldimir Putins in Ägypten im Jahr 2006 brach eine neue Ära an, als er mit dem damaligen ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak einen Vertrag über russische Waffenlieferungen im Wert von 6,3 Milliarden Dollar unterzeichnete. Seitdem fungiert Russland in Afrika vor allem als Exporteur von Nichtrohstoffwaren und als Kreditgeber. Afrikanische Länder erwarten, von Russland Kredite zu günstigeren Konditionen als von anderen Ländern zu erhalten, sagen Experten.

Zweifellos hat sich das sowjetische Modell – mit seinen Vor- und Nachteilen – in der Phase der Entstehung der afrikanischen Staatlichkeit als sehr effektiv erwiesen. Auch heute noch unterstützen wir afrikanische Staaten finanziell", sagte das russische Staatsoberhaupt.

Aber die Hilfe erfolge nun nicht mehr aus politischen, sondern aus humanitären Gründen, wobei Kredite zu marktwirtschaftlichen Konditionen vergeben werden, betonte Putin.

Aus Afrika importiert Russland vor allem Agrarprodukte (70 Prozent) wie Kakao, Tee oder Zitrusfrüchte, aber auch Seltene Erden und Mineralien, Diamanten und Gold. So werden beispielsweise etwa 40 Prozent des Goldes von Severstal in Burkina Faso und Guinea abgebaut. Darüber hinaus werden jedes Jahr Diamanten im Wert von 400 bis 500 Millionen Dollar in Angola gefördert.

Afrika ist auch an der Entwicklung der Beziehungen zu Russland in den Bereichen Energie und Telekommunikation, insbesondere Satellitenkommunikation, interessiert. Jedes Jahr besuchen immer mehr russische Touristen den Kontinent, im Jahr 2018 waren es zwei Millionen.

Die Zunahme der russischen Aktivität in Afrika in den letzten Jahren kam für den Westen überraschend, auch und gerade für Paris, sagte Arnaud Dubien, Direktor des französisch-russischen Analysezentrums Observo, dem russischen Wirtschaftsportal RBC.

Eine der Aufgaben der russischen Führung bei der Rückkehr nach Afrika bestand von Anfang an darin, Kontakte aus den Zeiten des Kalten Krieges zu mobilisieren und die ideologische Nähe zu einer Reihe von Ländern des Kontinents in Geschäftsbeziehungen umzuwandeln, betont Dubien.

Darauf basierend machte Russland Fortschritte, als das Land Beziehungen zu seinen Partnern aus der Sowjetzeit wie Angola und Mosambik wiederherstellte. Aber Russland gelingt es auch, enge Kontakte zu Ländern zu knüpfen, die traditionell unter westlichem Einfluss stehen, wie etwa Marokko, Nigeria und Südafrika.

So verhält es sich auch mit der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), in der sich Russland als wichtigster Militärausbilder der Sicherheitskräfte etabliert hat – was den Argwohn der alten Kolonialmacht Frankreich erregt. Die Reportagen im russischen und deutschen Fernsehen zeigen, wie sich Russland und Frankreich auf den Straßen der Hauptstadt Bangui eine Art Posterschlacht liefern – auf den Plakaten wird der jeweilige "große Bruder" als freundlicher Helfer dargestellt. Die russische Charmeoffensive geht sogar so weit, dass in diesem frankophonen Land nun im Radio Russisch unterrichtet wird.

Nachdem Russland begonnen hat, die ZAR zu unterstützen, zogen auch die USA nach. Wir haben mit unserer Aktivität auch die anderen dazu animiert, und man hat begonnen, darum zu ringen, wer der bessere Helfer ist", erzählt der Sicherheitsberater des Präsidenten der ZAR Waleri Sacharow im russischen Fernsehen.

Seit 2014 hat Moskau mit mehr als 20 afrikanischen Ländern militärische Kooperationsverträge abgeschlossen. Dazu gehören Ruanda (Oktober 2016), die Zentralafrikanische Republik (August 2018), Madagaskar (Oktober 2018), der Kongo (Mai 2019) und Mali (Juni 2019). Auf dem Gipfel von Sotschi plant Russland die Unterzeichnung neuer Militärabkommen, insbesondere mit Nigeria.

Doch trotz dieses Anstiegs liegt das afrikanische Handelsvolumen mit Russland numerisch noch weit hinter jenem mit den USA, der EU und China. Während das Handelsvolumen der afrikanischen Länder mit Russland 20 Milliarden Dollar beträgt, umfasst jenes mit den USA etwa 54,2 Milliarden Dollar (Daten für 2017), das mit der EU 303 Milliarden Dollar (Daten für 2018) und das mit China 148 Milliarden Dollar, wobei China und die EU planen, auf dem Kontinent zusätzliche 60 bzw. 40 Milliarden Dollar zu investieren. 

Aber es gibt immer mehr Studenten aus Afrika, die wie zu Sowjetzeiten ihre Ausbildung in Russland absolvieren. Gemessen an den wirtschaftlichen Zahlen, schneidet Russland in diesem Vergleich gut ab: 14.000 Studenten aus Afrika studieren in Russland, in China sind es 60.000, in der EU 52.000 und in den USA 37.700.

Dies zeigt: Die Beziehungen Moskaus zu den afrikanischen Ländern haben tiefere Wurzeln als die Chinas. Russland hat einer Reihe von Ländern im Kampf um die Unabhängigkeit geholfen und wird daher nicht als Feind oder neokoloniale Macht wahrgenommen, sagte ein von RBC befragter Experte. In Zukunft könne Russland von einem hohen Maß an Expertise in afrikanischen Ländern profitieren.

Außer dem wirtschaftlichen Nutzen sieht Russland in Afrika große politische Ressourcen für seine Interessen. In Afrika gibt es 54 UNO-Staaten, die als solche offen für die Zusammenarbeit mit Moskau sind. Die Interessen Russlands und seiner afrikanischen Verbündeten decken sich im Rahmen der UNO in vielerlei Hinsicht. "Das gilt für die Verteidigung des Grundsatzes der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Länder und die Schaffung einer multilateralen Weltordnung", sagt Jewgeni Korendjasow, Leiter des Zentrums für das Studium der russisch-afrikanischen Beziehungen und Außenpolitik am Institut für Afrikastudien der Russischen Akademie der Wissenschaften.

Zuvor hatte der Außenminister Sergei Lawrow gefordert, die UNO so zu reformieren, dass den afrikanischen Ländern mehr Rechte eingeräumt werden. Diese Forderung dürfte allerdings kaum zu Reformen führen, sagte Dubien.

Andererseits, wenn Russland afrikanische Länder davon überzeugen kann, mit Moskau über Themen wie Syrien oder die Ukraine-Krise abzustimmen, wird das eine Demonstration seines Einflusses sein", sagt der Analyst.

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