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Transatlantischer Präzedenzfall: Reaktionen auf britischen Widerspruch gegen "iranische Bedrohung"

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass die USA die "Bedrohung" und "unmittelbare Gefahr" beschwören, die angeblich vom Iran ausgehe. Zuletzt widersprach ein britischer General diesem Szenario. Ein Präzedenzfall in den engen Beziehungen beider Länder.
Transatlantischer Präzedenzfall: Reaktionen auf britischen Widerspruch gegen "iranische Bedrohung"Quelle: Reuters

Nach Angaben der britischen Times stehe das  Verteidigungsministerium (MoD) im Vereinigten Königreich weiterhin hinter Generalmajor Christopher Ghika, seines Zeichens stellvertretender Kommandeur für Strategie und Kommunikation der US-geführten Operation Anti-IS-Koalition. Am Dienstag hatte dieser öffentlich der Einschätzung des Pentagons über die vermeintlich vom Iran ausgehenden "Bedrohung" widersprochen.

Nein, es gab keine erhöhte Bedrohung durch vom Iran unterstützte Kräfte im Irak und in Syrien", hatte Ghika per Videoschaltung aus Bagdad bei einer Pressekonferenz des Pentagon erklärt.

Damit stellte der Top-Kommandant der Operation Inherent Resolve (OIH) nichts weniger als die gesamte Argumentationsgrundlage für das Washingtoner Säbelrasseln im Persischen Golf in Frage. Trotz der seitens des britischen Verteidigungsministeriums geäußerten Solidarität soll das Außenministerium in London demnach äußerst ungehalten auf die nüchterne Aufmüpfigkeit ihres Top-Kommandeurs reagiert haben.

Schnell machte der ungeheuerliche Vorgang während des Pressetermins international die Runde und schwächte dadurch weiter das US-Narrativ einer "unmittelbaren Bedrohung" durch den Iran, der nun "höchste Alarmbereitschaft" zum Gebot der Stunde mache. Auch hinter den Kulissen knirschte es demnach kräftig im Gebälk der transatlantischen Beziehungen zwischen London und Washington.

Es wird davon ausgegangen, dass die Beamten des [britischen] Außenministerium wütend über die Handhabung der Situation durch das [britische] Verteidigungsministeriums sind. Das wirft Fragen über das Ausmaß an Informationen auf, die die USA mit Großbritannien über die angebliche Bedrohung durch den Iran geteilt haben.

Als besonders pikant dürften sich Informationen erweisen, denen zufolge die Behauptung bedrohlicher Umtriebe durch Teheran nicht auf der Fantasterei des Pentagon beruhe.

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Israelische Medien berichteten, dass die Warnungen [vor dem Iran] vom Mossad, dem israelischen Geheimdienst, weitergegeben wurden. Das US-Außenministerium hat Nicht-Notfallmitarbeitern befohlen, den Irak zu verlassen", will demnach die Times erfahren haben.

Der ehemalige General der britischen Armee Lord Dannatt habe es zudem als "bedauerlich" bezeichnet, "dass es öffentlich unterschiedliche Ansichten von Verbündeten zu diesem Thema gibt".

Es ist ziemlich ungewöhnlich. Dem Vereinigten Königreich wurde schon zuvor von Zeit zu Zeit von den USA unterstellt, im Südirak und im südlichen Afghanistan leicht von der Linie abzuweichen und seinen eigenen Weg zu gehen, aber das wurde als operative Meinungsverschiedenheit respektiert, was etwas anderes ist als reiner Widerspruch", ergänzte Dannatt.

Ein ehemaliger britischer Diplomat im Nahen Osten gab demzufolge zu Protokoll, dass er sich "nicht an einen vergleichbaren Fall" wie die Unstimmigkeiten zwischen dem britischen und dem US-Verteidigungsministerium erinnern könne, "und schon gar nicht an einen so öffentlichen".

Nach der Pressekonferenz am Dienstag verlor das US-Zentralkommando (CENTCOM) nur wenige Stunden, bevor es gegenüber den Briten eine Rüge aussprach und eine eigene Erklärung präsentierte. In dieser werden die Aussagen von General Ghika als nicht präzise bezeichnet und darauf bestanden, dass die Koalitionstruppen im Irak und in Syrien aufgrund der "iranischen Bedrohung" in "höchste Alarmbereitschaft" versetzt wurden.

Jüngste Kommentare des stellvertretenden OIR-Kommandanten decken sich nicht mit von Nachrichtendiensten der USA und Verbündeten identifizierten und glaubwürdigen Bedrohungen durch iranisch unterstützte Streitkräfte in der Region.

Und weiter:

Das US-Zentralkommando hat in Abstimmung mit der OIR das Kräfteniveau für alle dem OIR zugewiesenen Mitarbeiter im Irak und in Syrien erhöht. Infolgedessen ist die OIR jetzt auf einem hohen Niveau der Alarmbereitschaft, da wir weiterhin glaubwürdige und möglicherweise unmittelbare Bedrohungen für die US-Streitkräfte im Irak genau beobachten.

Aufgrund der Turbulenzen zwischen Washington und London übte sich schließlich auch das britische Verteidigungsministerium in Schadensbegrenzung und veröffentlichte ebenfalls eine Presseerklärung. In dieser wird etwas umständlich darauf verwiesen, dass die Operation Inherent Resolve "sich jetzt in hoher Alarmbereitschaft befindet, während wir damit fortfahren, die glaubwürdigen und möglicherweise unmittelbaren Bedrohungen  der US-Streitkräfte im Irak genau zu beobachten".

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Seine [Generalmajor Ghikas] Kommentare basieren auf den täglichen militärischen Operationen, und sein einziger Fokus liegt auf der dauerhaften Niederlage von Daesh [dem IS; Anm.]. Er machte während des Pentagon-Briefings deutlich, dass es in diesem Teil der Welt eine Reihe von Bedrohungen für amerikanische und Koalitionstruppen gibt. Es gab sie schon immer, deshalb haben wir ein sehr robustes Spektrum an Kraftschutzmaßnahmen", geht es diplomatisch weiter.

Außerdem sei man sich seit Langem des "destabilisierenden Verhaltens des Iran in der Region" bewusst.

Währenddessen bauen die USA ihre militärische Präsenz in der Region weiter aus. Laut dem U.S. Naval Institute (USNI) verlegte die US-Marine zwei weitere Zerstörer in den Persischen Golf, um eine mögliche iranische "Aggression" abzuwehren. USS McFaul und USS Gonzalez passierten demzufolge am Donnerstagnachmittag die Straße von Hormus, ohne von iranischen Einheiten daran gehindert zu werden. Die Schiffe schließen sich der USS Abraham Lincoln an, die im Golf von Oman liegt, und ergänzen einen Verband mehrerer B-52-Bomber. Ein weiterer Flugzeugträger, die USS Kearsarge, liegt vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) vor Anker.

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