Meinung

US-Reaktionen nach München: "Die transatlantische Scharade ist zu Ende"

Wie bei der deutschen Regierung, hinterließ die Münchner Sicherheitskonferenz 2019 auch in den USA einen bleibenden Eindruck. Die eingebauten Pausen während der Rede von Vizepräsident Pence wurden mit peinlichem Schweigen quittiert, was in den USA mit einem Mix aus Genugtuung und Ärger aufgenommen wurde.
US-Reaktionen nach München: "Die transatlantische Scharade ist zu Ende"Quelle: AFP © François Walschaerts

von Zlatko Percinic

Nirgendwo wurde der Graben zwischen den USA und Europa so deutlich, wie bei den Reden von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem US-Vizepräsidenten Mike Pence. Während bei Merkel immer wieder Applaus aufbrandete und stehende Ovationen die Zustimmung für das Gesagte ausdrückten, erntete Pence mit seiner Kritik und Aufforderung zur Gefolgschaft an Europa, eine sträfliche Stille.

In seiner Rede wurden immer wieder Pausen nach bestimmten Sätzen eingebaut, wo sich die Redenschreiber Applaus aus dem Publikum erhofften. Doch wie schon zuvor bei der gegen den Iran gerichteten Konferenz in Warschau, die nur kurz vor der Sicherheitskonferenz in München stattfand, blieb der erwartete Applaus aus. In einem denkwürdigen Moment sieht man Pence, wie er ob der ausbleibenden Reaktion irritiert den Kopf schüttelt, bevor er mit seiner Rede fortfährt.

Obwohl viele Medien auch in den USA über diesen Graben zwischen dem Neuen und alten Europa schreiben, ja sogar den Vergleich von Vasallen nicht scheuten, so machen doch die allermeisten von ihnen den Fehler, diesen Zustand Donald Trump in die Schuhe zu schieben. Das Verhältnis zwischen Washington und den europäischen Staaten war seit dem Zweiten Weltkrieg nie eines auf Augenhöhe. Und wie die deutsche Botschafterin in Washington, Dr. Emily Haber, bei ihrer Rede vor der Deutsch Atlantischen Gesellschaft in Berlin klarmachte, gab es schon vor Trump in vielen Bereichen unterschiedliche Auffassungen zwischen Europa und den USA. Nur haben die Vereinigten Staaten ihre Macht nie so offen und vulgär ausgedrückt, sondern den vermeintlichen Vasallen die Gelegenheit geboten, öffentlich das Gesicht zu wahren.

Für Thomas Wright, einem Fellow der Brookings Institution, ist der Fall klar. Das was in München passiert ist, war der "Moment, als die transatlantische Scharade zu Ende" kam.

Europa und die Trump-Regierung haben aufgehört sich vorzumachen, dass sie sich respektieren.

Doch im Grunde fordert auch er das, was die Regierung in Washington von Europa und vor allem von Deutschland fordert: Gehorsam. Nur in schöneren Worten und Beschreibungen verpackt, aber am Ende läuft es dann eben doch auf das hinaus. Ob Russland, China oder der Iran, die Europäer sollten in diesen Ländern ebenso einen Gegner sehen, wie es auch die USA tun. Und wie sonst ließe sich solchen Gegnern entgegentreten, wenn nicht gemeinsam unter US-Führung. Stattdessen würden sich die Europäer aber in ihre "Fuchshöhlen" zurückziehen und das Feld den Russen, Chinesen und Iranern überlassen.

Das ist die Sprache, die sich die Europäer aus den vergangenen Jahrzehnten gewohnt sind. Obwohl man sich nicht immer einig war, sind die Europäer den Amerikanern am Ende aber gefolgt. Manchmal haben sie es sogar geschafft, wie im Fall von Libyen die USA sogar in einen Krieg zu ziehen, der so höchstwahrscheinlich nie stattgefunden hätte. Ob das aber alles der Vergangenheit angehört oder es Washington tatsächlich geschafft hat, die "Deutschen in Gaullisten zu verwandeln", wie es ein französischer Diplomat ausgedrückt hatte, bleibt abzuwarten. Die von Charles de Gaulle verfolgte Politik der strategischen Unabhängigkeit stünde Deutschland, Europa und der Europäischen Union gar nicht so schlecht.

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