Europa

Vor Abstimmung des britischen Parlaments: Deutscher Wirbel um den Brexit

Heute soll im britischen Parlament die entscheidende Abstimmung stattfinden. Es wird sich zeigen, ob Theresa May die Parlamentier überzeugen konnte, den ausgehandelten Vertrag anzunehmen. Aber es sind die Deutschen, die im letzten Moment für Wirbel sorgen.
Vor Abstimmung des britischen Parlaments: Deutscher Wirbel um den BrexitQuelle: Sputnik © Alexei Vitvitsky

Ob sich die kurzfristige Verschiebung der für den 11. Dezember 2018 angesetzten Abstimmung im britischen Parlament zur Annahme des Brexit-Vertrags für Theresa May gelohnt hat, wird sich heute Abend zeigen. Fest steht, dass die vergangenen vier Wochen die Lage nicht beruhigt haben. Im Gegenteil: Befürworter und Gegner des Brexit, des Ausscheidens Großbritanniens aus der Europäischen Union, stehen sich bei Protesten in London unversöhnlich gegenüber. Die Schuld für diese Polarisierung in der Bevölkerung liegt bei der Premierministerin, die mit ihrer Politik der Geheimniskrämerei und des Zauderns den verschiedenen Lagern Zündstoff geboten hat.

Dass sie von David Cameron ein schweres Erbe übernommen hatte, der sich mit dem Brexit-Referendum 2016 völlig verspekuliert hatte und daraufhin seinen Rücktritt einreichte, dürfte außer Frage stehen. Aber die Lehren aus dem Debakel, das Cameron zu Fall gebracht hatte, scheint May nicht gezogen zu haben. Auch sie versuchte aus einer vermeintlichen Position der Stärke heraus, ein Maximum aus den Verhandlungen mit Brüssel für Großbritannien herauszuziehen. Der zurückgetretene Brexit-Minister David Davis offenbarte diese Erwartungshaltung der Briten in einem Interview mit dem Spiegel, als er sich darüber beschwerte, dass "Europa entschlossen war, dafür zu sorgen, dass wir keinerlei Vorteile haben würden".

Und es war laut Davis niemand Geringeres als Bundeskanzlerin Angela Merkel höchstpersönlich, die dafür Sorge trug, "dass Großbritannien auf keinen Fall vom Brexit profitieren dürfe". Theresa May hatte offensichtlich bis zuletzt die Standhaftigkeit von Merkel unterschätzt. Das zeigte sich insbesondere im Dezember, als die Premierministerin zwei Tage nach der verschobenen Parlamentsabstimmung nach Berlin reiste, um die Kanzlerin doch noch zu weiteren Konzessionen zu bewegen. Aber Merkel blieb hart.

Mehr zum Thema - Merkel laut britischem Ex-Minister: "Großbritannien darf keinesfalls vom Brexit profitieren"

Für einen kurzen Moment sah es heute aber so aus, als ob Berlin in allerletzter Minute doch noch zu irgendwelchen Nachverhandlungen bereit wäre. Wie die britische Sun ihre Leser heute Morgen informierte, habe Merkel in einem Telefongespräch mit May am Sonntagmorgen signalisiert, dass es doch noch zu Nachverhandlungen kommen könnte, falls es die Abstimmung heute Abend scheitert. Voraussetzung wäre allerdings, dass es "zuerst einen Moment des Aderlasses" geben müsse, um diesen erneuten Gang nach Brüssel gehen zu können.

Tatsächlich schien Außenminister Heiko Maas bei einer Pressekonferenz vor dem Europäischen Parlament in Straßburg heute Morgen diese Position zu bestätigen, als er meinte, dass die EU neue Gespräche mit London führen könnte. "Dass das Abkommen grundsätzlich noch einmal aufgeschnürt werden kann, dabei bin ich skeptisch", meinte er weiter.

Was für einen kurzen Moment so aussah, also ob Angela Merkel von ihrem kategorischen Nein zu Brexit-Nachverhandlungen abgerückt wäre und Rückenwind für die Brexit-Gegner in Großbritannien bedeutet hätte, entpuppte sich im Verlauf des Tages als eine Illusion.

Gegenüber der Welt erklärte ein Regierungssprecher, dass "der Inhalt des Gesprächs zwischen der deutschen Kanzlerin und dem britischen Premier in 'The Sun' falsch reflektiert wurde". Merkel habe keinerlei Beteuerungen gemacht, die von der bisherigen Position der EU abweichen würde.

Weshalb aber Heiko Maas in Straßburg neue Gespräche in Aussicht gestellt hatte, wenn die Bundeskanzlerin diese ablehnt, bleibt ein Rätsel. Dieser Lapsus – ob gewollt oder ungewollt – wird nicht dazu beigetragen haben, die politischen Positionen in Großbritannien aufzuweichen.  

Das Unterhaus des britischen Parlaments wird heute Abend um 20 Uhr nach einer mehrstündigen Debatte über den Brexit-Deal abstimmen. 

Mehr zum Thema - Brexit-Abstimmung: Britisches Oberhaus warnt vor Mays Abkommen

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.