Lateinamerika

Brasiliens neue Regierung: Jair Bolsonaro und sein Gruselkabinett - Teil III

Brasiliens neuer Präsident Jair Bolsonaro inszeniert sich als knallharter Korruptionsbekämpfer. Dabei stehen oder standen sechs seiner Minister, drei seiner engen Berater sowie ein enger Freund im Mittelpunkt von Strafverfahren.
Brasiliens neue Regierung: Jair Bolsonaro und sein Gruselkabinett - Teil IIIQuelle: Reuters

von Maria Müller

Am 1. Januar feierte der neue brasilianische Präsident Jair Bolsonaro seinen Amtsantritt. Er versprach, Brasilien von Korruption und Gewaltkriminalität zu säubern. Doch in seinem Regierungskabinett befinden sich Personen, die schon vor Jahren mit dem Gesetz in Konflikt gerieten.

Es geht um Korruption und Betrug, Steuerhinterziehungen, Geldwäsche und Falschaussagen. Zu den Anschuldigungen zählen auch Fälle innerfamiliärer Gewalt sowie eine brutale Vergewaltigung. Häufig verschleppten Richter und Staatsanwälte jahrelang diese Verfahren. Kurz vor den Wahlen im Oktober wurden sogar mehrere davon eingestellt, um Bolsonaros Team reinzuwaschen. 

Eine ausführliche Untersuchung des englischsprachigen Portals The Intercept hat den "tiefen Staat" Brasiliens sichtbarer gemacht, wie RT Deutsch bereits im ersten Teil darlegte, der sich früheren und aktuellen Rechtsverstößen des neuen Präsidenten widmete. Im zweiten Teil standen und in diesem abschließenden dritten Teil stehen wiederum Minister sowie enge Berater von Bolsonaro im Mittelpunkt, gegen die strafrechtlich ermittelt wurde. Und die zum Teil sogar verurteilt wurden. 

1) Tereza Cristina, Landwirtschaftsministerin

Die 65-jährige Unternehmerin und Landwirtschaftsexpertin wirkte in diesem Jahr federführend bei einem Gesetzesentwurf mit, der die Zulassung neuer agrotoxischer Stoffe und Pestizide erleichtert, trotz schwerer gesundheitsschädlicher Folgen. 

Cristina ist ein typisches Beispiel für die Verflechtung von Politik und Kommerz. Sie wurde 2014 Abgeordnete und konnte seitdem ihre Vermögenswerte um den Faktor 500 steigern. Zwischen 2011 und 2012 unterzeichnete Cristina als Sekretärin für landwirtschaftliche Entwicklung in Mato Grosso do Sul Steuerbegünstigungen für den berüchtigten Fleischkonzern JSB. Im Gegenzug erhielt sie im Jahr 2014 über 100.000 Real an Kampagnenspenden von dem Schmiergeldkonzern. Obwohl diese "steuerlichen Anreize" für JSB im Mittelpunkt des Korruptionsskandals in ihrem Heimatstaat stehen, wurde Cristinas Rolle dabei bisher noch nicht einmal ansatzweise untersucht. 

2) Marcos Pontes, Minister für Wissenschaft, Technologie und Kommunikation

Jair Bolsonaro ernannte Marcos Pontes, Oberstleutnant der brasilianischen Luftwaffe, zum Leiter des neuen Ministeriums für Wissenschaft, Technologie und Kommunikation. Laut The Intercept wurde Pontes während seines aktiven Dienstes bei der Luftwaffe wegen angeblicher Teilhabe an der Firma "Portally Eventos e Produções" untersucht. Der Generalstaatsanwalt der Militärjustiz forderte eine Untersuchung wegen Verletzung des militärischen Ehrenkodex, der aktiven Militärs kommerzielle Privataktivitäten verbietet.

Doch die Richter der Militärjustiz wollten das Bankgeheimnis der Firma nicht aufheben. In der nächsten Instanz vor dem Obersten Gericht blieb der Einspruch der Staatsanwaltschaft zehn Jahre lang hängen. Erst im August 2018 wurde der Fall von der Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Rosa Weber wieder aufgegriffen und sogleich als verjährt geschlossen.  

3) Henrique Mandetta, Leiter des Gesundheitsministeriums  

Der Orthopäde, Kinderarzt und Abgeordnete Luiz Henrique Mandetta ist Gesundheitsminister im Kabinett Bolsonaros. Mandetta ist Mitglied der Streitkräfte und arbeitete im Militärhospital von Rio de Janeiro. Gleichzeitig war er bis vor kurzem Präsident der medizinischen Privatversicherung UNIMED.

Gegen Mandetta ist noch immer ein Verfahren aus seiner Zeit als Gesundheitsminister im Bundesstaat Mato Grosso del Sur (2005-2010) anhängig. Er soll eine Firma ohne öffentliche Ausschreibung unter Vertrag genommen und sie dann auch noch für nicht erbrachte Dienstleistung bezahlt haben. Dieser Fall befindet sich seit acht Jahren in Händen der Oberstaatsanwaltschaft, ohne vor ein ordentliches Gericht gebracht zu werden. Weitere Anklagepunkte lauten auf Betrug, unredliche Verwaltung, Entgegennahme von Schmiergeldern und bezahlte politische Einflussnahme. 

4)Jamil Megid Jr. - Mitglied in Bolsonaros Übergangsteam

Jamil Megid organisierte die Militärweltspiele 2011 (stets ein Jahr vor Olympischen Sommerspielen) und koordinierte Sicherheitsvorkehrungen auch für andere internationale Veranstaltungen in Rio, wie den Weltjugendtag 2013, die FIFA-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016. Er wurde 2013 vom brasilianischen Rechnungshof für Unregelmäßigkeiten bei den Militärweltspielen verurteilt. 

Das Rechenschaftsamt beanstandete, dass Megid einige der Dienstleistungsverträge und Ausrüstungskäufe ohne öffentliche Ausschreibungen durchgeführt hat. Die Leistungen (Kosten 4,3 Millionen Real) wurden nie erbracht, die Waren nie geliefert. Außerdem wäre das Leasen von Geräten weit billiger als deren Kauf gewesen. Fünf Jahre später, Anfang 2018, wurde die Verurteilung jedoch aufgehoben. Der für die Prüfung des Falls nun zuständige Richter des Rechenschaftsamtes sagte, dass die Organisation der Spiele so schwierig gewesen sei, dass es unfair wäre, Megid für seine Fehler zu bestrafen.

5) Senator Magno Malta - Mitglied des Übergangsteams Bolsonaros

Der Senator Malta eröffnete die Feier vor der Siegesrede des gewählten Präsidenten mit einem Gebet. Bolsonaro wollte ihn ursprünglich zum Vize-Präsidenten machen. Wie andere im inneren Kreis von Bolsonaro wurde Malta von Gerüchten über zwielichtige Geschäfte und ein Gerichtsverfahren verfolgt. 

The Intercept Brasil enthüllte im September 2018, dass Malta innerhalb von zwei Monaten an zwei Tankstellen eine halbe Million Real an Steuergeldern ausgab. Beide Tankstellen gehören dem ehemaligen Abgeordneten José Tasso Oliveira de Andrade, der wegen Steuerhinterziehung und Diebstahls öffentlicher Gelder verurteilt wurde. Bisher wurden keine Untersuchungen gegen Malta eröffnet.

Im September 2018 berichtete eine Zeitung aus dem Bundesstaat Espírito Santo, dass Malta 2009 einen Busfahrer fälschlicherweise beschuldigt hatte, seine eigene zweijährige Tochter vergewaltigt zu haben. Auch die Mutter des Mädchens wurde festgenommen. Die Beschuldigung stützte sich auf eine falsche ärztliche Expertise.

Der Vater des Mädchens, Luis Alvez Lima, verbrachte neun Monate im Gefängnis, bevor eine neue Expertise die Verleumdung entlarvte. Nun verklagt der Vater den Senator Malta und behauptet, dieser habe ihn verunglimpft, um sein eigenes Profil im Kongressausschuss aufzubessern. Er habe ihn verhaften lassen und persönlich verhört. Anschließend sei er auf Anweisung des Senators schwer gefoltert worden.

Lima sagt, man habe ihm unter anderem Zähne ausgerissen, ihn gewürgt, geschlagen und ihm Elektroschocks an den Genitalien verpasst. Lima erblindete auf dem rechten Auge und besitzt nur noch 25 Prozent Sehkraft auf dem linken. Er wurde erst sieben Jahre später völlig rehabilitiert und erhält eine Rente wegen Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Folter.

Noch am 6. November wollte Bolsonaro diesen dafür verantwortlichen Senator zum Leiter der Familienabteilung machen. Der schlechte Ruf Maltas hat das letztendlich verhindert. 

6) Sergio Moro, Justizminister 

Der ehemalige Richter Sergio Moro kann nicht in eine Reihe mit den beschuldigten Kabinettsmitgliedern von Bolsonaro gestellt werden. Dennoch befindet auch er sich heute in einem ethisch-moralischen Zwielicht, was sein unabhängiges Urteil als Richter in Frage stellt. Richter Moro, der sich dem Feldzug gegen die Korruption verschrieben hatte, erklärte wiederholt, dass er niemals in die Politik gehen würde. 

Es wäre nicht angemessen für mich, irgendein politisches Amt zu suchen, denn das könnte - sagen wir mal so - die Frage nach der Integrität meiner bisherigen Arbeit aufwerfen",sagte er in einem Interview mit dem Magazin Veja.

Am 1. November akzeptierte der Mann, der dafür verantwortlich war, Bolsonaros stärksten Konkurrenten Lula da Silva aus dem Präsidentenrennen zu werfen, die Einladung des somit gewählten Präsidenten Bolsonaro, sein Justizminister zu werden. Moros Äußerungen zu den Rechtsverstößen des Kabinettschefs Onyx Lorenzoni sind unter rechtlichen Gesichtspunkten unhaltbar. Er drückte seine „große Bewunderung“ für Lorenzoni aus, der öffentlich zugegeben hatte, illegale Gelder von dem Fleischkonzern JBS für seine Wahlkampagne entgegengenommen zu haben. Moro sagte:

Lorenzoni hat seine Fehler selbst eingestanden und sie wieder gut gemacht. Er hat mein volles Vertrauen.

Der Skandal, dass das Vergehen von Lorenzoni noch nicht einmal untersucht, geschweige denn dieser für das Verbrechen bestraft wurde, war Moro keine Bemerkung wert. 

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