Nahost

Britischer "Experte" warnt vor russischem "Spionenschwarm" und zielt auf RT

Die Hälfte der rund 150.000 russischen Bürger in Großbritannien sollen laut Dr. Andrew Foxall in der einen oder anderen Form für russische Geheimdienste arbeiten. Die Hälfte aller Diplomaten wären demnach ebenso Spione, die statt ihrer normalen Arbeit "aktiv" dem Spionagehandwerk nachgehen.
Britischer "Experte" warnt vor russischem "Spionenschwarm" und zielt auf RTQuelle: AFP © Don Emmert

Das ganze Ausmaß der russischen Unterwanderung in Großbritannien sei gar nicht abzusehen, behauptet der Direktor der russischen und eurasischen Studien der Denkfabrik Henry Jackson Society, die nach dem US-Senator Henry Jackson benannt ist. Senator Jackson gehörte zu den führenden Stimmen, die die USA 1962 dazu drängten, in Laos und später Vietnam einen "Krieg gegen den Kommunismus" zu führen. Überhaupt galt er als ein ausgesprochener Gegner der Sowjetunion. Als dann 22 Jahre nach dem Tod von Henry Jackson eine Denkfabrik in London gegründet und nach ihm benannt wurde, war die Stoßrichtung der Henry Jackson Society vorprogrammiert.

Als rechtsgerichtete Organisation eingestuft, nimmt die Denkfabrik offenbar gerne Gelder von Regierungen an, um mit Propaganda gegen einen unliebsamen Gegner zu hetzen. So musste sich die Charity Commission, eine Regierungsorganisation die für die Regulierung und Einhaltung der Transparenz von solchen Denkfabriken und Wohltätigkeitsorganisationen zuständig ist, mit einem Fall befassen, wonach die Henry Jackson Society Geld von der japanischen Botschaft in London erhalten hat, um gegen China zu hetzen. Dass die Hetze nun Russland und dabei insbesondere den russischen Präsidenten Wladimir Putin erreicht hat, darf nicht überraschen.

Dabei steht insbesondere Dr. Andrew Foxall als für russische Studien verantwortlicher Leiter der Gesellschaft an vorderster Hetzfront. Seine Schriften werden in zahlreichen Zeitungen und Magazinen veröffentlicht, zuletzt in der britischen The Sun. Darin behauptet er in einem "shock report", also "Schock-Bericht" und nicht etwa ein schockierender Bericht, dass die Hälfte der rund 150.000 russischen Staatsangehörigen in Großbritannien in der einen oder anderen Form für russische Geheimdienste arbeitet. Damit soll suggeriert werden, dass es im Vereinigten Königreich eine fünfte Kolonne gibt, die sich aktiv gegen die Interessen und die Gesellschaft des Gastlandes einsetzt. Das ist nichts weniger als eine der schlimmsten Verleumdungen, die man einer ethnischen Minderheit vorwerfen kann. Und als ob das nicht schon genug wäre, sollen laut dem "Experten" lediglich 200 Falloffiziere ein Netz von 75.000 Informanten und Agenten auf der britischen Insel betreuen. Das wären pro Offizier 375 Mann, eine völlig absurd hohe Zahl.

Worauf Foxall und die Henry Jackson Society nebst der Verleumdung von zigtausenden Menschen wirklich abzielen, ergibt sich im letzten Satz des Artikels:

Der Bericht will "ein Licht" auf die Bedrohung werfen und russischen Medien den Zugang zum Parlament verwehren.

Nur darum geht es ihnen. Mit einer künstlichen Drohkulisse sollen Ängste geschürt und die Politik zum Handeln gezwungen werden. Denn selbst aus der ausführlicheren Analyse des Dr. Foxall erfährt der interessierte Leser nichts, worauf sich seine Berechnungen und Angaben tatsächlich stützen. Zitiert werden nicht namentlich genannte britische Offizielle, die nicht minder obskure Bellingcat-Organisation, in Ungnade gefallene russische Oligarchen in London und Ahmed Zakaev, ein wegen seiner Rolle als Tschetschenenkommandeur im Wahhabitennest von Urus-Martan per Interpol gesuchter Mann, dem London politisches Asyl gewährt hatte.

Das Ziel ist es, wie es auch The Sun selbst in der Infobox des Artikels erwähnt, dass "Russlands Propagandasender RT eingestellt werden muss". Und dafür setzt er sich schon seit längerem ein, wie dieser Artikel vom 13. März zeigt. RT und andere Sender mit großen Reichweiten, die nicht dem Mainstream von BBC & Co. folgen, sollen ihren Zugang zum Parlament verlieren, um den Menschen nicht über die Zustände und Skandale berichten zu können.

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