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Olaf Scholz wirbt in Frankreich für gemeinsame EU-Rüstungsindustrie

Ein weiterer Schritt zur EU-Armee? Zur Stärkung der EU-Verteidigung hat Vizekanzler Olaf Scholz eine engere Zusammenarbeit europäischer Rüstungsunternehmen gefordert. Tage zuvor hat Emmanuel Macron mehr Unabhängigkeit von den USA bei der EU-Sicherheit gefordert.
Olaf Scholz wirbt in Frankreich für gemeinsame EU-RüstungsindustrieQuelle: Reuters

Europa brauche eine gemeinsame Herangehensweise für Militärausrüstung, sagte der deutsche Finanzminister Olaf Scholz am Mittwoch bei der Sommeruniversität des französischen Arbeitgeberverbands Medef bei Paris. Das bedeute einen Konsolidierungsprozess für die europäische Rüstungsindustrie, Kooperationen und sogar Fusionen eingeschlossen.

"Wir dürfen Fusionen nicht nur unter der Führung unserer nationalen Champions unterstützen", sagte Scholz. Er verwies darauf, dass die EU-Staaten 178 verschiedene Waffensysteme benutzten, während die USA nur 30 hätten. Damit würde sich einerseits eine besser integrierte Verteidigungspolitik erreichen lassen, die die EU andererseits zu einem ernst zu nehmenden Teilnehmer in der globalen Militärarchitektur machen würde.

In der EU gibt es schon länger Bestrebungen nach einer engeren Zusammenarbeit bei der Beschaffung von Waffensystemen - mangelnde Koordinierung der Staaten gilt als Kostentreiber. Deutschland und Frankreich haben beispielsweise im vergangenen Jahr grundsätzlich vereinbart, gemeinsam ein neues Kampfflugzeug zu entwickeln. Dazu sollen der Eurofighter-Hersteller Airbus und der französische Dassault-Konzern, der den Rafale-Kampfjet baut, zusammenarbeiten.

Auch bei Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz müsse sich Europa zusammentun, um "ganz vorn" mitzuspielen. Frankreich und Deutschland würden daher ein gemeinsames Innovationsnetzwerk fördern, so Scholz.

Macrons Antwort auf "aggressiven" US-Isolationismus

Die Vorschläge von Olaf Scholz kann man als eine deutsche Antwort auf die Visionen Macrons zur "Neugründung" der EU werten, die er vor einem Jahr verkündet hatte. Macron, der damals sogar für ein gemeinsames EU-Finanzministerium plädierte, hat trotz internem EU-Zwist in der Migrationspolitik offenbar seine Reformpläne nicht aufgegeben. Nun er hat hierfür neue Akzente gesetzt.

Vor dem Hintergrund des "aggressiven" Isolationskurses der USA unter Präsident Donald Trump müsste die Architektur der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik grundlegend überprüft werden, kündigte er am 27. August in seiner jährlichen Rede vor dem französischen diplomatischen Corps an.

Es ist heute an uns, unsere Verantwortung zu übernehmen und die europäische Sicherheit und Souveränität zu garantieren", sagte Macron.

Der Staatschef der Atom- und UN-Veto-Macht Frankreich fordert schon länger eine "strategische Autonomie" für Europa. Darunter fällt auch die "Importsubstituierung der Sicherheit", welche die Europäer nicht nur den USA überlassen sollten.

Mehr zum Thema - Macron: Europa muss bei Sicherheit unabhängiger von USA werden

Mit der zunehmenden Skepsis gegenüber der USA, sandte Macron neue Signale an Russland. Nötig sei eine Zusammenarbeit mit europäischen Partnern "im weiteren Sinne, darunter auch Russland", betonte Macron. Eine "strategische Partnerschaft" mit Russland wie auch mit der Türkei sei dabei das Ziel.

Zwar knüpfte Macron diese Zusammenarbeit an die "Fortschritte beim Thema Ukraine", trotzdem ist der proklamierte inklusive Charakter des angestrebten EU-Verteidigungsbündnisses bemerkenswert. Ein weiteres Indiz dafür ist die Lockerung in der "Assad-Frage" und damit die faktische Abkehr Frankreichs von der strikten Regime-Change-Politik in Syrien.  

Macron sagte zwar, es wäre "ein gewaltiger Fehler", den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, weiter an der Macht bleiben zu lassen, räumte aber ein, dass "weder Frankreich noch ein anderes Land anweisen dürfte, wer Syrien regieren sollte". Außerdem sollten nach seinen Worten "Bedingungen geschaffen werden, unter denen das syrische Volk diese Frage regeln könnte". Damit zitiert er indirekt den russischen Präsidenten Wladimir Putin, ohne ihn dabei als Urheber zu nennen.

EU-Führungsnationen sind offener gegenüber Russland

Das Verhalten Frankreichs nach einer möglichen False-Flag-Aktion der in der Region Idlib verbliebenen Weißhelme mit chemischen Substanzen wird zeigen, was diese Worte in Wirklichkeit wert sind. Dennoch zeichnet sich auch bereits das gemeinsame Agieren mit anderen Mächten in Syrien ab. Die Syrien-Konferenz mit den Teilnehmerstaaten Russland, Türkei, Deutschland und Frankreich, schon im Vorfeld "Nahost-Vierer-Gipfel" genannt, wird aller Voraussicht nach am 7. September in Istanbul stattfinden. Das könnte als erster Schritt im Bemühen um ein stärkeres EU-Engagement unter der Federführung Deutschlands und Frankreichs in Fragen der Sicherheit und Außenpolitik gesehen werden. Laut Sigmar Gabriel hätten bislang "andere Akteure" diese Felder besetzt.

Kommen in der absehbaren Zukunft auch eine gemeinsame EU-Rüstungsindustrie und gar eine EU-Armee zustande? Als Tendenz ist das denkbar. Möglich ist auch, dass diese Ausprägungen immer weniger deckungsgleich mit der transatlantisch ausgerichteten NATO sein werden. Es ist zwar fraglich, ob die EU in solch einem künftigen Bündnis der Rüstungsindustrie das NATO-Feindbild Russland für sich selbst je aufgeben wird. Aber nach mehreren aufeinanderfolgenden Treffen von Angela Merkel und Wladimir Putin und nach dem aktuellen rhetorischen Schwenk von Macron scheint auch das nicht mehr völlig unwahrscheinlich. 

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