Deutschland

Sprengstofffund beim Antifa-Aktivisten: Opposition wirft Thüringer Landesregierung Untätigkeit vor

Die politische Diskussion über einen Sprengstofffund in Thüringen spitzt sich zu. Einer der Beschuldigten ist ein linker Aktivist. Die Landesregierung wies Kritik der Opposition zurück, nur zögerlich zu handeln. Auf Antrag von CDU und AfD befasste sich der Landtag damit.
Sprengstofffund beim Antifa-Aktivisten: Opposition wirft Thüringer Landesregierung Untätigkeit vorQuelle: Reuters

Mehrere Kilogramm Chemikalien und mehrere Säcke Pflanzendünger von je 25 Kilogramm wurden sichergestellt. Material, das auch zum Bau von Sprengsätzen geeignet ist. Zudem wurden acht Flaschen Buttersäure und bereits funktionsfähiger Sprengstoff gefunden. Die Polizisten entdeckten auch eine Schreckschusswaffe und eine Cannabis-Plantage - alles vergangene Woche im Zuge von Durchsuchungen vierer Objekte im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt im Süden des Freistaates Thüringen. Zwei Männer im Alter von 25 und 31 Jahren wurden verhaftet. Den Tatverdächtigen wird vorgeworfen, ein "Explosions- oder Strahlungsverbrechen" vorbereitet zu haben, was mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet werden kann.

Ein Tatverdächtiger soll der Antifa-Szene angehören

Das politisch Brisante daran: Einer der beiden Festgenommenen ist ein linker Aktivist. Der 31-jährige Tatverdächtige gehörte früher dem "Bündnis für Zivilcourage und Menschenrechte" im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt an. Die Initiative setzt sich eigenen Angaben zufolge gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ein. 2016 bekam sie von der damaligen Landesbildungsministerin Birgit Klaubert (Linke) für ihre vielfältigen zivilgesellschaftlichen Aktivitäten den Thüringer Demokratiepreis verliehen. Wie die Ostthüringer Zeitung berichtet, habe der nun Tatverdächtige damals bei der Verleihung den Preis für das Bündnis in Empfang genommen. Die Initiative hatte sich gleich nach Bekanntwerden des Falls vom 31-Jährigen distanziert. Der Tatverdächtige soll nach Informationen der Ostthüringer Zeitung in der Antifa-Szene aktiv sein.

Vom Sprengstofffund und den Verhaftungen erfuhr die Öffentlichkeit durch Berichte regionaler Zeitungen, denen offenbar erst auf Nachfrage bei der Polizei Informationen mitgeteilt wurden. Von den regierenden Parteien gab es tagelang keine Statements. Erst Ende letzter Woche wurde dann bekannt, dass das Thüringer Landeskriminalamt (LKA) die Ermittlungen aufgenommen hat. Der ganze Fall hatte sich aber mittlerweile zu einem Politikum entwickelt.

"Die bisher vorliegenden Erkenntnisse legen den Schluss nahe, dass der Pressesprecher eines von der Ramelow-Regierung ausgezeichneten Bündnisses Sprengstoffanschläge vorbereitete", sagte Mike Mohring, Landesvorsitzender der Thüringer CDU und Fraktionschef im dortigen Landtag, der Welt am Sonntag. "Das tagelange, geradezu dröhnende Schweigen der kompletten Landesregierung dazu ist mehr als befremdlich."

Ein politisches Motiv soll nicht erkennbar sein 

Der Staatsschutz soll nach bisherigen Informationen nicht in die Ermittlungen eingebunden sein, berichtet der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR). Ein politisches Motiv soll nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft Gera nicht erkennbar sein.

Auf Antrag der Alternative für Deutschland (AfD) beriet der Thüringer Landtag am Dienstag über den Fall. Bereits am 17. März twitterte der AfD-Fraktionschef Björn Höcke: "Ein (mutmaßlicher) Linksterrorist mit "Demokratiepreis" – so etwas gibt es nur in Thüringen unter der Ägide Ramelows. Von Ministerpräsident Ramelow hat man bis jetzt noch nichts gehört."

Der innenpolitische Sprecher der Thüringer CDU Wolfgang Fiedler äußerte dem MDR gegenüber die Vermutung, dass alles in Bewegung gesetzt worden wäre, hätte sich der Vorfall in der rechten Szene ereignet. Weil es aber die linke Szene sei, werde nicht einmal das LKA eingeschaltet. Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei Kai Christ wies diesen Vorwurf zurück. Die Abläufe wären bei einer rechten Straftat auch nicht anders gewesen.

Thüringer Ministerpräsident Ramelow wirft der Opposition Hysterie vor 

Die Landesregierung wies inzwischen die Kritik der Opposition zurück, nur zögerlich zu handeln. Als "Unsinn" bezeichnete Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Dienstag im Tagesspiegel Vorwürfe, wonach die rot-rot-grüne Landesregierung Einfluss auf das Verfahren in dem Fall genommen habe. Zugleich warf er der AfD und anderen Kritikern "Hysterie" vor. Sie versuchten, eine "ideologisch-politische Schlacht" zu inszenieren, und missachteten dabei die Fakten.

Der Fall werde politisiert, ohne dass die Ermittler ihre Arbeit machen können. Niemand in der Landesregierung habe ein Interesse, irgendetwas unter den Tisch zu kehren, so Ramelow. Auch Landesinnenminister Georg Maier (SPD) wehrte sich gegen Kritik. "Ich war von Anfang an alarmiert und habe gesagt: Es wird in alle Richtungen ermittelt", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Die Beschuldigten selbst äußerten sich in der Welt am Sonntag zu den Vorwürfen. Der 31-jährige, der wegen einer schweren Erkrankung im Rollstuhl sitzt, sagte, er habe die sichergestellte Buttersäure als Schädlingsbekämpfungsmittel nutzen wollen. Auf den Hinweis, dass er aber keinen Garten habe, erklärte er, diese sei für seine Mutter gewesen. Die Spekulationen über Anschlagspläne seien "totaler Humbug". Sein mutmaßlicher Komplize stritt gegenüber der Zeitung ab, in irgendwelche terroristischen Aktivitäten verwickelt zu sein. Er habe seinem schwer erkrankten Freund "mit solchen Feuerwerken etwas Besonderes bieten wollen".

Mehr zum Thema - "Rechte" Verlage gegen "linke" Gesinnungsprüfer – die Leipziger Buchmesse und die Meinungsfreiheit

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.